Was genau erwarten sich der österreichische Bundeskanzler und der Innenminister, wenn sie am Montag die bulgarische Grenze besichtigen?
Neue Erkenntnisse über den Grenzschutz jenes Landes, dem Österreich funktionierenden Grenzschutz abgesprochen hat? Die sind eher unwahrscheinlich. Es ist davon auszugehen, dass es sich um einen Show-Act handelt, in einer politisch heiklen Situation. Österreich hat den Schengen-Beitritt Bulgariens und Rumäniens blockiert, was in beiden Ländern zu erheblichen Verstimmungen geführt hat.
Angesichts der wirtschaftlichen Interessen heimischer Unternehmen in beiden Ländern ist das eine nicht ungefährliche Situation. Die versuchte die Regierungsspitze zu entschärfen, indem „Brüssel“ der Schwarze Peter zugeschoben wurde. Und mit einer diplomatischen Offensive, die jetzt in dem Besuch der Grenze gipfelt.
Möglicherweise ist da das Timing der Visite nicht ganz optimal. Eine Woche und eine Niederösterreich-Wahl später wäre der Wunsch, Schengen zu blockieren, vielleicht nicht mehr ganz so groß und der Konflikt ließe sich problemlos beilegen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.01.2023)