"Selbstbeschädigung"

Meinl-Reisinger kritisiert "unrühmliches" Ende im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss

Auch eine kurzfristig anberaumte Fraktionsführersitzung am Donnerstag brachte keine Einigung bezüglich weiterer Befragungen.
Auch eine kurzfristig anberaumte Fraktionsführersitzung am Donnerstag brachte keine Einigung bezüglich weiterer Befragungen.APA/EVA MANHART
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Beate Meinl-Reisinger spricht von einer „kolossalen Selbstbeschädigung“, die bisherige Performance der türkis-grünen Koalition bewertet sie als "wenig ambitioniert“. Kritik übt die Neos-Chefin auch am Burgtheater für ihren Umgang mit dem Fall Teichtmeister.

Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger kritisiert angesichts des Hickhacks der vergangenen Tage das "sehr unrühmliche Ende" des Korruptions-Untersuchungsausschusses. "Es ist meiner Meinung nach gerade mit der Gleichzeitigkeit der Wiedereröffnung des Parlaments eine kolossale Selbstbeschädigung", sagte sie. Grundsätzlich finden es die Neos aber gut, dass der U-Ausschuss endet, die Energie sollte nun in Reformen investiert werden.

Man hätte den ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss gerne "zu einem guten, ordentlichen Abschluss" gebracht, bedauerte Meinl-Reisinger. Man nehme nun zur Kenntnis, "dass die ÖVP das nicht mehr zulässt". Es sei ein "unrühmliches Schauspiel". Dementsprechend skeptisch zeigen sich die Neos auch zum angekündigten Antrag von SPÖ und FPÖ auf eine weitere Verlängerung - wobei dazu freilich ohnehin die Zustimmung einer Regierungsfraktion notwendig wäre, die sich derzeit nicht abzeichnet.

Dass man sich im neuen Jahr auf keinen weiteren Befragungstag einigen konnte, sei zwar ein Hickhack mehrerer Fraktionen gewesen, aber "letztendlich liegt es wieder einmal an der ÖVP, dass hier die Arbeit torpediert wird", betonte Meinl-Reisinger mit Verweis auf die bevorstehende Landtagswahl in Niederösterreich. "Die sind nervös", meinte sie, aber "das ist trotzdem kein Argument dafür, den Parlamentarismus so zu beschädigen". Die Energie sollte man besser in Reformen stecken, meint sie. So könnte man etwa das Informationsfreiheitsgesetz "auf die parlamentarische Ebene heben und hier verhandeln, anstatt hinter verschlossenen Türen nur in der Bundesregierung".

ÖVP am „Scherbenaufkehren“, Grüne bei Kernthemen säumig

Die Performance der türkis-grünen Koalition bewertet Meinl-Reisinger als "wenig ambitioniert", und das, was derzeit vorgetragen werde, reiche "nicht aus, um das Vertrauen der Bevölkerung wiederzugewinnen". Sie habe den Eindruck, dass ÖVP und Grüne jedes Problem - "insbesondere den Verlust an Zuspruch bei den Wählerinnen und Wählern" - "versuchen mit Geld zu bewerfen", kritisierte die Neos-Chefin. Einen Anspruch, mit "Gestaltungsfreude" an größeren Rädern zu drehen, sehe sie derzeit nicht. Die ÖVP sei ständig damit beschäftigt, "die Scherben aufzukehren", doch auch die Grünen seien bei wesentlichen Themen säumig: "Es gibt eine grüne Regierungsbeteiligung und wir haben immer noch kein Klimaschutzgesetz."

Meinl-Reisinger wirft der Regierung denn auch vor, beim Klimaschutz und der Energiewende zu wenig ambitioniert zu sein. "Unser Kernproblem derzeit ist nicht, dass junge Leute hin und wieder den Verkehr blockieren", sondern "dass wir eine Bundesregierung haben, die nicht weiterkommt in dem Bereich". Die Proteste der Klimakleber hält die Neos-Chefin zwar "für das falsche Mittel, weil ich glaube, dass es notwendig ist, Brücken zu bauen und mehr Menschen für diese wirklich große Herausforderung zu gewinnen". Aber sie würde sich auch wünschen, dass die "Verzweiflung" der jungen Menschen ernst genommen werde. Die Forderung nach höheren Strafen für die Klimakleber sei "ein populistischer Fokus auf einen Nebenschauplatz", befand Meinl-Reisinger, denn "das Kernproblem ist, dass die wahren Klimakleber in der Regierung sitzen". Es reiche für die Energiewende nicht aus, "die Verfahren ein bisserl zu beschleunigen", vielmehr solle der Bund die Länder verpflichten, Flächen zur Verfügung zu stellen, und "Fast-Track-Verfahren" auf den Boden bringen.

In Zeiten multipler Krisen bräuchte man "Leadership" und Mut, forderte Meinl-Reisinger einmal mehr Neuwahlen. Die Neos wären nach der Wahl auch gern Teil der Regierung: Man habe immer auch "den Anspruch, gestalten zu wollen", und auch "die Bereitschaft, die Verantwortung zu übernehmen". Knapp 40 Prozent (800 Befragten) wollen die Neos auch in der nächsten Regierung sehen - elf Prozent "auf jeden Fall", weitere 28 Prozent "eher", war das Ergebnis einer am Sonntag veröffentlichten Umfrage Peter Hajeks für ATV. Für eine Zehn-Prozent-Partei sei solch ein Zuspruch "ein gutes Zeugnis", attestierte Hajek den Pinken. Im Auge hätten die Wähler da wohl Dreier-Koalitionen.

„Mit FPÖ werden wir nicht koalieren"

Mit den Freiheitlichen ginge Meinl-Reisinger allerdings nicht zusammen: "Koalieren werden wir nicht mit der FPÖ, weil wir sie nicht für regierungsfähig halten." Auf eine Präferenz bei SPÖ und ÖVP wollte sie sich nicht festlegen, wiewohl sie anmerkte, dass der ÖVP die "Demut verloren gegangen" sei und ihr deshalb die Oppositionsrolle einmal "gut täte". Anspruch der Pinken wäre es, "wieder Aufstieg durch Bildung und Leistung zu ermöglichen".

Im Bildungsbereich fordern die Neos einen Rechtsanspruch auf kostenlose ganztägige Kinderbetreuung ab dem ersten Geburtstag, inklusive einem warmen Mittagessen für jedes Kind. Außerdem wollen die Neos eine grundlegende Umstellung der Schulfinanzierung nach einem "Chancenindex" sowie einen Rechtsanspruch auf ein elftes und zwölftes Schuljahr für Kinder mit Behinderungen. Dass laut Bildungsministerium rund 85 Prozent der Ablehnungen auf einen weiteren Schulbesuch von Jugendlichen mit Behinderung für das aktuelle Schuljahr auf Wien entfallen, wo just die Neos den Bildungsstadtrat stellen, verteidigte Meinl-Reisinger damit, dass der Bund die entsprechenden Ressourcen nicht zur Verfügung stelle. Man könne das durch eine "künstliche Verknappung" auf Bundesseite nicht einlösen, spielte sie den Ball zurück.

In Niederösterreich, wo nächsten Sonntag gewählt wird, ist eine Regierungsbeteiligung für die Neos übrigens kein Thema. Der Proporz bedeute für die Neos den Auftrag, zu kontrollieren und sicherzustellen, dass Ankündigungen auch wirklich umgesetzt werden, erklärte Meinl-Reisinger. Ziel sei es, zu wachsen, was die Umfragen auch prognostizieren. Es gehe darum, das Politikverständnis in Niederösterreich zu ändern - denn der ÖVP "geht es nur noch um Macht und Machterhalt".

"Chauvinismus und Machismo“ im Fall Teichtmeister

Angesichts des Falls Teichtmeister forderte Meinl-Reisinger, den Ermittlungsbehörden im Bereich der Darstellung sexuellen Kindesmissbrauchs alle Ressourcen zur Verfügung zu stellen, die sie brauchen. In der Diskussion um schärfere Strafen warnte sie zwar davor, "immer den aktionistischen einfachen Weg zu gehen", zeigte sich aber durchaus gesprächsbereit.

Den Umgang des Burgtheaters mit dem Fall des Schauspielers kritisiert Meinl-Reisinger scharf: Sie hätte bei solchen Vorwürfen sofort eine Suspendierung ausgesprochen. Dass der Schauspieler im Gegenteil noch große Rollen gespielt hat, "das kann ich nicht nachvollziehen", betonte die Neos-Chefin, "weder arbeitsrechtlich noch moralisch". "Besonders schlimm" gefunden hat Meinl-Reisinger, dass Teichtmeister am Burgtheater mit der Argumentation durchgekommen sei, es handle sich um eine Racheaktion seiner Ex-Lebensgefährtin - "da scheint mir doch ein gewisses Maß an Chauvinismus und Machismo vorzuherrschen".

(APA)

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