Teuerung

Felbermayr zu Staatshilfen: "Haben sehr viel Gießkanne eingesetzt"

Die Presse/Clemens Fabry
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Wifo-Chef Gabriel Felbermayr bedauert es, dass es verwaltungstechnisch nicht machbar gewesen sei, Hilfen wie die Strompreisbremse an Haushaltsgröße und Einkommenshöhen zu koppeln.

Wifo-Chef Gabriel Felbermayr hält die viele Milliarden Euro schweren staatlichen Unterstützungsmaßnahmen in der Energiekrise zwar für wichtig. Gleichzeitig kritisiert aber das angewandte Gießkannenprinzip und sieht eine sinkende Notwendigkeit neuer Maßnahmen. "Wir müssen die Voraussetzungen schaffen, dass wir bei der nächsten Krise zielgerichteter helfen können", forderte Felbermayr in der ORF-"Pressestunde" am Sonntag. Die hohe Teuerung werde das Land noch länger begleiten.

Der Direktor des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) bedauerte mehrfach, dass es verwaltungstechnisch nicht machbar gewesen sei, Hilfen wie die Strompreisbremse an Haushaltsgröße und Einkommenshöhen zu koppeln. Einerseits gebe es zu wenig Anreize zum Energiesparen, bekräftigte Felbermayr und andererseits werde dadurch auch die Inflation angefacht. Und bei dieser "werden wir leider noch länger mit hohen Zahlen leben müssen, auch wenn sie zurückgehen wird". Das Finanzministerium habe in den vergangenen Jahren "viel ausgegeben, viele richtige Hilfen ausgezahlt aber je mehr man unterstützt, treibt man die Nachfrage an und das ist inflationstreibend". Die Gießkanne gehöre öfter im Schuppen gelassen.

Prognose für Teuerung auf 6,5 Prozent

Für heuer rechnet das Wifo mit einer Jahresteuerung von 6,5 Prozent. Möglicherweise könne die Prognose abgesenkt werden, wenn die Energiepreise auf dem jetzigen Niveau blieben. Dieses ist aufgrund gut gefüllter Gasspeicher und eines bisher milden Winters tiefer als befürchtet.

"Es ist schon klar, dass Lohnsteigerungen dazu führen, dass auch Preise nachhaltig steigen" so Felbermayr. Aber eine Lohnpreisspirale sieht er nicht, "das Wort Spirale mag ich in diesem Zusammenhang nicht". Die zuletzt zum Teil heiß gewordenen KV-Verhandlungen hätten gezeigt, "dass die sozialpartnerschaftliche Lohnpolitik eigentlich funktioniert - auch in Zeiten des Stresses". Die Kaufkraft werde dank der Abschlüsse für heuer und kommendes Jahr gesteigert.

Zu wenig Angebot heizen Mietpreisen an

Es gehöre auch überlegt, wie die Mietpreissteigerungen abgeflacht werden können, so Felbermayr. Der Anstieg sei schon in den vergangenen Jahren erfolgt und nun durch die Teuerung verschärft worden. Es steigen nicht nur Mieten, auch die Betriebskosten. Grundsätzlich gebe es in den heimischen Ballungszentren zu wenig Angebot im Vergleich zur Nachfrage, was die Preise anheize. "Da würde ich vor weiteren Zuschüssen warnen ohne darüber fundamental nachzudenken." Es gebe auch international Beleg in Richtung einer zunehmenden Monopolisierung, es handle sich auch um ein Wettbewerbsthema.

In dem Zusammenhang mit dem Wettbewerbsthema forderte der Wissenschafter eine Stärkung der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), die auf solche Themen "sehr genau angesetzt" gehöre. "Da gehört sicher bei den Ressourcen nachgelegt", so Felbermayr über die Ausstattung der BWB. Es könne sein, dass es durch starke Konzentrationen Preistreiberei gebe. "Ein Blick darauf tut sicher gut."

Dass es keine größere Reform der Arbeitslosenversicherung gibt, weil sich ÖVP und Grüne nicht einigen konnte, bedauerte der Wifo-Chef. Die Thematik müsse in der nächsten Legislaturperiode angegangen werden. Zu besseren Anreizen, auch im etwas höheren Alter noch weiter zu arbeiten, sagte Felbermayr sinngemäß, dass das zwar gut sei, aber auch kein echter Hebel bezogen auf die Zahl der lukrierbaren Arbeitskräfte. Vielmehr sei hierzulande das Teilzeitniveau viel zu hoch und viel zu wenige Frauen stünden im Arbeitsleben, bekräftigte Felbermayr.

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