Die EU verurteile das brutale und unverhältnismäßige Vorgehen der iranischen Behörden gegen friedliche Demonstranten, heißt es nach einem Treffen der EU-Außenminister. Die Revolutionsgarde des Iran wurde vorerst noch nicht auf die Terrorliste aufgenommen.
Wegen der anhaltenden schweren Menschenrechtsverletzungen im Iran haben die Außenminister der EU-Staaten ein viertes Sanktionspaket beschlossen. Es trifft insgesamt 37 Personen und Organisationen, die für die brutale Unterdrückung von Protesten nach dem Tod der 22-Jährigen Jina Mahsa Amini verantwortlich gemacht werden, wie die EU am Montag mitteilte. Zuletzt hatte vor allem die Hinrichtung von Demonstranten für Entsetzen gesorgt.
Die Strafmaßnahmen sehen vor, in der EU vorhandene Vermögenswerte einzufrieren und Einreiseverbote zu erlassen. Konkret treffen sie laut dem EU-Amtsblatt unter anderem Sport- und Jugendminister Hamid Sajjadi, zahlreiche regionale Ableger des Korps der Iranischen Revolutionsgarden und die Dachorganisation der Sittenwächter.
Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) erklärte in Brüssel, gegenüber dem Iran "braucht es jetzt klare Kante". Zugleich zeigte er sich enttäuscht, denn er habe "die Hoffnung gehabt, dass wir den Iran über das Wiener Atomabkommen wieder zurück an den Tisch der internationalen Gemeinschaft" bringen. "Sanktionen sind irgendwo immer das Ende des diplomatischen Alphabetes, das heißt, das andere Maßnahmen nicht gefruchtet haben", so Schallenberg.
„Mit Lichtgeschwindigkeit in die falsche Richtung"
Der Iran bewege sich "offenbar fast schon mit Lichtgeschwindigkeit in die falsche Richtung", konstatierte Schallenberg auch im Hinblick auf die Drohnenlieferungen an Russland. Er schloss weitere Sanktionen gegen den Iran nicht aus: "Ich glaube, wir können auch noch weitergehen, und werden vermutlich auch noch weitergehen müssen." Auch in Bezug auf die Revolutionsgarden: "Hier können wir uns weitere Schritte überlegen", erklärte der Außenminister. "Defacto haben wir aber die Spitzen der Revolutionsgarden schon auf Sanktionen."
EU-Vertreter hatten zuvor erklärt, dass für die Aufnahme einer Organisation auf die EU-Terrorliste zum Beispiel eine nationale Gerichtsentscheidung oder Verbotsverfügung einer Verwaltungsbehörde notwendig sei. "Das bedeutet, dass die EU-Ebene allein nicht ohne eine solche nationale Entscheidung handeln kann", hieß es.
Britische Sanktionen gegen Basij
Auch Großbritannien beschloss am Montag weitere Sanktionen gegen den Iran. Man habe die paramilitärische Basij-Miliz und mehrere Amtsträger der iranischen Führung sanktioniert, teilte das britische Außenministerium mit.
Die Basij-e Mostasafin (Mobilisierte der Unterdrückten) ist eine paramilitärische Einheit im Iran. Gegründet nach der Islamischen Revolution 1979 und rekrutiert aus jungen Teilen der Gesellschaft, spielt die Miliz eine zentrale Rolle bei der Unterdrückung von Protesten im Land. Die Miliz ist Teil der Revolutionsgarden, ihr sollen mehrere Hunderttausend systemtreue Anhänger angehören.
Auslöser der seit September anhaltenden landesweiten Proteste im Iran war der Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini. Sie starb am 16. September im Polizeigewahrsam, nachdem sie von der Sittenpolizei wegen Verstoßes gegen die islamischen Kleidungsvorschriften festgenommen worden war. Die Proteste gegen die repressive Regierung sowie das islamische Herrschaftssystem haben die politische Führung in eine der schwersten Krisen seit Jahrzehnten gestürzt.
(APA)