Gastkommentar

Zukunftsfit und krisenfest

Welttag der Bildung. Die Schule sollte Wirtschaft lebensnah vermitteln. Es gibt erste Erfolge, es liegt aber noch viel Arbeit vor uns.

Der Autor:

Matthias Reisinger (*1984) ist geschäftsführender Vorstand der Stiftung für Wirtschaftsbildung.

Von den Vereinten Nationen wurde der Welttag der Bildung am 24. Jänner vor über fünf Jahren initiiert, um auf die Schlüsselrolle von Bildung für die Verwirklichung von inklusiven, chancengerechten und nachhaltigen Gesellschaften hinzuweisen. Diese zentralen Werte bilden auch das Fundament der Vision von Wirtschaftsbildung im Verständnis der Stiftung für Wirtschaftsbildung.

Nachdem bereits 2018 der Grundstein für die Umgestaltung des neuen Lehrplans für Volksschule, Mittelschule und AHS-Unterstufe gelegt wurde, freut es mich, dass dieser nun mit dem kommenden Schuljahr umgesetzt wird. Er stellt eine solide Basis dar, die es Schülerinnen und Schülern ermöglicht, mit einem breiten Wirtschaftsverständnis ihr Leben zu gestalten. Das oftmals sehr emotional diskutierte Thema Wirtschaftsbildung und die Abbildung ebendieser im Lehrplan bedingen einen besonders sorgfältigen Umgang damit.

Als Stiftung war es uns ein großes Anliegen, am Begutachtungsverfahren des neuen Lehrplans beteiligt zu sein. Und unser Engagement hat Früchte getragen. Im präsentierten Entwurf lag der Fokus der fachlichen Konzepte stark auf den Lehrinhalten des Geografieunterrichts. Mit der neuen Ausrichtung wird nun wirtschaftlichen Konzepten ein größeres Feld eingeräumt. Die ökosoziale Marktwirtschaft, die Funktion von Steuern und deren gesellschaftliche Bedeutung, Import/Export, Risiko sowie die Bedeutung von Sparen und weiteren finanziellen Zielen (Finanzieren, Veranlagen, Versichern) ist nur eine kleine Auswahl an Inhalten, die durch Mithilfe der Stiftung ergänzt wurden. Zu den gesellschaftlichen und ökonomischen Herausforderungen Teuerung, Pandemiefolgen, Fachkräftemangel und Klimakrise gesellt sich eine weitere: der (wirtschaftliche) Paradigmenwechsel, den die breitentaugliche Anwendung von künstlicher Intelligenz mit sich bringen wird. Gerade in Zeiten von Krisen und Umwälzungen helfen ein ökonomisches Grundverständnis und wirtschaftliche Basisfähigkeiten, um Zusammenhänge zu sehen, zu verstehen und individuelle sowie gesellschaftliche Lösungsansätze entsprechend zu entwickeln.

Verbesserungspotenzial

Auch wenn wir die positiven Entwicklungen sehen, besteht weiterhin Verbesserungspotenzial. Zusätzlich zu dem bereits Umgesetzten müssen vor allem folgende Punkte noch stärkere Beachtung finden: Für eine nachhaltige Stärkung und Verbreitung einer lebensnahen Finanz- und Wirtschaftsbildung ist es wichtig, dass das Lehrpersonal durch regelmäßige Aus- und Weiterbildungen umfangreich informiert und unterstützt wird, um Inhalte und Kompetenzen bestmöglich vermitteln zu können. Dies gilt vor allem auch bei sogenannten fachfremden Lehrkräften an Mittelschulen, also jenen, die ein anderes Fach unterrichten müssen, als sie studiert haben, und die 30 bis 50 Prozent der Mittelschulpädagoginnen und -pädagogen ausmachen. Weiters stellen Schulbücher eine tragende Säule in der Lehre einer lebensweltbezogenen Wirtschaftsbildung dar. Als weiterhin wichtigstes Unterrichtsmedium müssen die neuen Bücher qualitativ hochwertig ausgearbeitet und die darin enthaltenen Themen des Lehrplans entsprechend abgedeckt sein, und das inhaltlich wie ideologisch ausgewogen. Nur so kann sichergestellt werden, dass Lehrkräfte die neuen Inhalte wirkungsvoll weitergeben können.

Nehmen wir den Tag der Bildung als Anlass, das Erreichte hervorzuheben, aber auch darauf hinzuweisen, dass noch viel Arbeit vor uns liegt, wenn wir jungen Menschen Wirtschaft lebens- und praxisnah für ein selbstbestimmtes Leben weitergeben wollen.

E-Mails an:debatte@diepresse.com

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.01.2023)

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