Nachruf

Habsburger-Biograph: Historiker Weissensteiner ist tot

Friedrich Weissensteiner, Historiker, Schuldirektor in Döbling, Autor etlicher Bücher, ist 95-jährig gestorben.

Wenn jetzt anlässlich der Affäre um den Film „Corsage“ die Habsburger wieder einmal ins Gerede kommen, fällt Geschichtsinteressierten wohl der Historiker Friedrich Weissensteiner ein: Er hat etwa in „Frauen auf Habsburgs Thron“ (erschienen 1998) Sisi als egozentrische, narzisstische Frau beschrieben, die ihre Pflichten vernachlässigt habe und „keine Kaiserin“ gewesen sei: „Sie führte nur diesen Titel.“

Solche pointierten Urteile konnte sich Weissensteiner erlauben, weil er seine Pflichten als Historiker nie vernachlässigte. Er blieb stets seriös, bei aller Freude am Originellen. Und an Originalen, wie der „roten Erzherzogin“ Elisabeth Petznek, dem einzigen Kind des Kronprinzen Rudolf: Sie war in der Republik aktive Sozialdemokratin, öffnete den Garten von Schloss Schönau für die armen Arbeiterkinder der Umgebung, verkaufte Nelken am Ersten Mai.

Der in Großpertholz im Waldviertel aufgewachsene Weissensteiner, dessen eigene politische Sympathie der Sozialdemokratie galt, widmete Monografien auch dem „verhinderten Herrscher“ Franz Ferdinand und dem Erzherzog Johann Salvator („Ein Aussteiger aus dem Kaiserhaus“), er schrieb über die Söhne und die Töchter Maria Theresias und die Frauen im Leben Kaiser Franz Josephs, nur zum Beispiel. Wichtig war ihm stets das kulturelle Umfeld. Das merkte man auch den von ihm verfassten Schulbüchern an, in die er etwa Ausschnitte aus Egon Friedells „Kulturgeschichte der Neuzeit“ aufnahm.

Gar nicht nur nebenbei leitete Friedrich Weissensteiner, AHS-Lehrer für Geschichte und Englisch, von 1974 bis 1987 das Döblinger Gymnasium in der Gymnasiumstraße: ein Direktor, der seine Schüler nie vergessen ließ, dass er von ihnen einiges verlangte, sie dafür aber respektierte. Auch sie gedenken jetzt des sein Leben lang produktiven Historikers, der 95-jährig in Wien gestorben ist.

(tk)

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