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Antibiotika gegen Wurstsemmerl: Der Medikamentenengpass eskaliert

(c) APA/EXPA/ STEFANIE OBERHAUSER (EXPA/ STEFANIE OBERHAUSER)
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Belegte Brötchen kosten teils mehr als wichtige Medikamente. Das geht so nicht, findet die Pharmaindustrie und sieht in niedrigen Preisen die Ursache für den aktuellen Versorgungsengpass. Ließe sich der durch höhere Medikamentenpreise lösen?

Was nichts kostet, ist nichts wert. Und was nichts wert ist, wird auch nicht mehr produziert – zumindest in Europa nicht. So ähnlich hört sich die Erklärung der Pharmaindustrie an, warum es in ganz Europa derzeit zu argen Versorgungsengpässen bei Medikamenten kommt. "Schmerzmittel und Antibiotika kosten teilweise weniger als eine Wurstsemmel", sagte der oberste Pharma-Sprecher des Landes, Alexander Herzog, am Montag bei einer Pressekonferenz.

Der Wurstsemmel-Vergleich war wohl überlegt. Er sollte ein komplexes Versorgungs- und Lieferkettenproblem runterbrechen – für den „kleinen Mann“, sozusagen.

Die Medikamentenversorgung in Österreich ist nämlich an einem kritischen Punkt angelangt. Mehr als 600 teils wichtige Arzneiprodukte wie Antibiotika und Schmerzmittel sind aktuell nur eingeschränkt oder gar nicht mehr verfügbar. Das liege vor allem daran, dass die festgeschriebenen Medikamentenpreise hierzulande viel zu niedrig seien. Für Pharmakonzerne zahle sich gerade in Zeiten explodierender Herstellungskosten (aber in Wahrheit schon viel länger) nicht mehr aus, teuer in Europa zu produzieren. Die Pharmariesen haben - wie andere Branchen auch - zuletzt enorme Preissteigerungen hinnehmen müssen und wollen diese ausgeglichen haben, indem sie ihre Preise anpassen.

Viele haben ihre Produktion längst in den asiatischen Raum verlagert – nach China und Indien, wo mittlerweile fast zwei Drittel aller weltweit gehandelten Generika produziert werden. Österreich und andere europäische Länder mit traditionell niedrigen Medikamentenpreisen stehen verständlicherweise nicht ganz oben auf der Prioritätenliste der asiatischen Produzenten.

Was ist uns Versorgungssicherheit wert?

Der Preisvergleich zwischen Wurstsemmerl und Antibiotika hinkt natürlich, hat aber was für sich. Damit stellt sich nämlich die Frage nach der Wertigkeit unserer Gesundheit. Natürlich soll sich im Bedarfsfall jeder und jede für sich notwendige Medikamente leisten können. Im Notfall dafür aber lieber ein paar Prozent mehr zahlen, als diese in der Apotheke oder beim Arzt gar nicht mehr zu bekommen.

Die Preisfrage allein wird die aktuellen Engpässe nicht lösen können. Langfristig sind die Kosten aber wohl das schlagende Argument, um die Produktion künftig wieder näher nach Europa zu holen. Und somit auch die Versorgungssicherheit zu stärken.

Übrigens: Auch das Wurstsemmerl ist zuletzt deutlich teurer geworden.

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