BMW i7

Der Hauptdarsteller

(c) Juergen Skarwan
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Opulenz und Immersion auf allen Rängen: Großes Kino im BMW i7.

Es ist die bislang gründlichste Vorwegnahme eines bedeutenden Trends im Autobau: dass wir in unseren Hockenheimen künftig sehr viel mehr tun werden, als bloß von A nach B zu kommen. Früher tat man das vielleicht auch schon, in Form zwischenmenschlicher Interaktion auf dem Waldparkplatz, aber heute reden wir von Immersion, von Grafikprozessoren, Ultra-HD-Displays und dicker Rechen­power – wenn der ganze Krempel schon an Bord ist, könnte er uns nicht auch gleich die Zeit vertreiben? Noch spielt sich das Multimediaspektakel hauptsächlich in der zweiten Reihe ab, weil der Mensch am Steuer einstweilen doch noch ein wenig mit Fahren beschäftigt ist. Aber man versteht, was gemeint ist: Das Auto kann mehr als nur Auto zu sein, wie wir es kennen.

Dabei ist BMWs neuer 7er eine ganze Menge Auto. Kurzversion ist erst gar keine zu haben, es gelten satte 5,4 Meter Länge mit opulenten 3,2 Metern Radstand als stolzer Standard, und das Ganze duckt sich nicht verschämt in den Fahrtwind wie die Mercedes-Elektrokutsche EQS, sondern trägt, stolz aufragend, einen (beleuchteten) Kühlergrill in der Größe von Bilbo Beutlins Eingangstür vor sich her. Es wird den 7er auch als Plug-in-Hybrid mit sechs Zylindern geben, Diesel und Benziner, in Europa aber nicht mit Achtzylinder.

Als artgerechte Motorisierung schwebt BMW aber ohnehin Elektro vor; was meint der Herr Direktor, wollen wir’s schon wagen nur mit Batterie und Stecker?

Mit 101,7 Kilowattstunden netto lässt sich schon einiges an Reichweite bunkern. Auf über 600 Kilometer, wie offiziell ausgewiesen (591–625 km laut Norm), würden wir nicht unbedingt wetten, aber Wien–München sollten sich nach unserer Erfahrung mit einer vollen Ladung sorgenfrei ausgehen. Bei maximal 195 Kilowatt Ladeleistung rauscht an der entsprechenden High-Performance-Ladesäule Saft für 170 Kilometer Reichweite innerhalb von zehn Minuten ins Gebälk. Wenn man dabei zwei, drei Dinge erledigen mag, an Möglichkeiten zur Zerstreuung mangelt es ja nicht, kann von Reichweitenangst eigentlich nicht die Rede sein.



Gerade für Freunde der gepflegten Motorleistung spricht einiges für den 7er als Elektriker. Um die Antriebsgewalt des i7 mit je einem E-Motor an Vorder- und Hinterachse (258 respektive 313 PS) zu verdeutlichen: In Nennleistung (544 PS) und Drehmoment (745 Newtonmeter) entspricht er exakt dem Zwölfzylinder der letzten 7er-Generation, der hierfür sechs Liter Hubraum und zwei Turbolader aufbot und schwerlich mit unter zwölf Liter Super zu betreiben war.
Nun haben wir aber auch gelernt, dass Elektromotoren kein Hochlaufen der Drehzahl benötigen; die ganze Erdrutsch-Power lässt sich mit einem Wackeln der großen Zehe am Fahrpedal entfachen, und so ist das Erlebnis der Beschleunigung, die den Hinterkopf sanft, aber bestimmt in die weichen Polster drückt, viel präsenter, weil stets und augenblicklich verfügbar, ohne Krawall, ohne Verzögerung, eben ohne, dass sich ein Verbrennungsmotor erst aufbäumen und im Getriebe eines von vielen Rädern ins andere greifen muss.
Dass der i7 dergestalt auch an seinem schon frivol stattlichen Gewicht von über 2,7 Tonnen nicht allzu schwer zu tragen hat, verdeutlicht der Null-auf-100-Wert von 4,7 Sekunden. Es gibt nicht viele Sportwagen, die das können.

»Statt sich in den Fahrtwind zu ducken, trägt der 7er einen stolzen Kühlergrill. «



BMW hat zudem etwas sehr Schlaues getan: Die akustische Inszenierung des Antriebmoments durch Kompositionen („Iconic Sounds“) von Movie-Score-Maestro Hans Zimmer. Dem Mann gebührt hierfür ein (weiterer) Oscar, dermaßen begeisternd, mitreißend, je nach Einsatz am Fahrpedal, tönen die sphärischen Warp-Klänge auf allen Frequenzen, bis zu Tieftönen, die profunder Resonanz erzeugen als ein großer V8 unter der Haube. Kann man ja auch abschalten, wenn man’s nicht mögen sollte. Wir fanden aber: Wo nur Stille waltet, wird’s schnell fad.

Der Eindruck der Leichtfüßigkeit rührt auch vom Fahrwerk, das eine Glanzleistung abliefert. Es hat ja wirklich nicht leicht zu tragen, lässt sich das aber in keinem Augenblick anmerken; tapfer stemmt es sich gegen die Fliehkräfte, in BMWs Tech-Sprech haben wir es zu tun mit einer „aktiven Wankstabilisierung, die mit ihren elektrischen Schwenkmotoren einen besonders schnellen und präzisen Ausgleich von Seitenneigungskräften bei dynamischer Kurvenfahrt bewirkt“. Und das ist nicht übertrieben. Hilfreich agiert auch die Vierradlenkung mit bis zu 3,5 Grad Einschlag hinten; das weiß man im Parkhaus (gegenläufig) ebenso zu schätzen wie auf flotter Kurvenfahrt oder auf der Autobahn (gleichläufig). Luftfederung rundum besorgt die Regulierung des Niveaus, mit einem Spielraum von minus zehn Millimeter (Sportmodus oder über 120 km/h) bis plus 20 mm auf schlechten Wegen und zum Ein- und Aussteigen.

Ach ja, einsteigen: Knopfdruck genügt, und die Türen schwenken elektrisch auf und zu. Was bei Rolls-Royce (mit dem auf dem i7 basierenden Schwestermodell Spectre) recht und nicht billig ist, ist auch für den BMW zu haben. Bedeutsamer ist aber das standesgemäße Ausstaffieren des Innenraums. In der All-in-Variante, die wir ausführen konnten, mangelt es auch an Dingen nicht, die nur Interieurdesignern einfallen können – und die durchaus Anklang finden, wie die milchigen Kachelleisten im ganzen Cockpit, die der Lichtinszenierung einen schillernden Körper verleihen (LED-Leiste? Mega-gestern!). Und Licht, ebenso wie Klänge, weiß der i7 an Bord einzusetzen. Was diverse multimediale Begrüßungs- und Verabschiedungsrituale andeuten, als digitaler G’schamster Diener quasi, lässt sich mit „My Modes“ vertiefen – dies eine Auswahl von Stimmungsbildern, die jeweils eine Kaskade von Effekten auslösen, mit Licht, Klang, vielleicht Sitzmassage, Rollos auf oder zu, wobei der „Theatre Mode“ die Transformation zum Autokino aktiviert.

Das muss dem Mensch am Steuer nicht unbedingt verwehrt bleiben. Wenn grad nicht am Lenkrad zu kurbeln ist, kann er sich ja in den Fond verpflanzen, so dort ein Platz frei ist, und eine Folge von „Game of Thrones“ mit maximaler Immersion nachholen, während beispielsweise Strom in die Batterie fließt. Sonst unterhält man halt die Mitreisenden, die das Leinwandspekatakel unterwegs allemal zu würdigen wissen.

(c) Juergen Skarwan

Immersion immer schon

In siebter Generation kann es nur einen 7er geben, nämlich die Langversion auf fast 5,4 Meter Länge. Die nicht fade Art von Elektro-Luxus.

Name: BMW i7 M60 xDrive
Preis: 138.900 Euro
Motor: PSM an Vorder- u.- Hi.-achse
Leistung: 400 kW (544 PS); DM 745 Nm
Gewicht: 2715 kg
0–100 km/h: 4,7 Sekunden
Vmax: 240 km/h
Batterie: 101,7 kWh netto

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