Skoda Polestar

Starke Strömung

(c) Juergen Skarwan
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Wo ein Wille ist, geht auch noch ein bissl was: Zweimal Elektro in Go-faster-Montur, Rallyestreifen inklusive.

Wie geht’s eigentlich der jungen, aufstrebenden Elektromarke Polestar? Danke der Nachfrage, lässt CEO Thomas Ingenlath ausrichten, es läuft ausgezeichnet: Im vergangenen Jahr wurden 51.500 Fahrzeuge verkauft, und das von einem einzigen Modell, dem Polestar 2. Deshalb, wenn ab Mitte des Jahres das SUV Polestar 3 folgen wird, soll es 2023 noch viel besser laufen.

Wir staunen in der Zwischenzeit über ein Sondermodell des Polestar 2, von dem es nur 270 Stück gibt und das die Buchstaben BST trägt. Letzteres könnte sich bei der Marke als neue Spielart von GTI etablieren: Lautmalerisch ergibt BST nämlich BEAST, und das deutet schon ganz gut an, worum’s hier geht.

Ingenlath ließ vor zwei Jahren beim berühmten Hillclimb in Goodwood ein zünftig frisiertes Einzelstück mit diesem vielversprechenden Titel antreten, und das Echo sei dergestalt gewesen, dass eine limitierte Serienversion des Elektro-Biests quasi unvermeidbar war. Ein „Maximum an Performance und Handling“ schwebte Ingenlath vor, und zu diesem Zweck wurde nicht bloß die Leistung der beiden E-Motoren an Vorder- und Hinterachse auf zusammen 350 Kilowatt gesteigert, 476 PS in alter Währung. Damit die Fuhre auch richtig zackig um die Ecken geht, wurde der schwedische Dämpferspezialist Öhlins an Bord geholt, ebenso Pirelli für die passende Bereifung.

Monatelang sei am Set-up getüftelt worden, und an der Stelle wollen wir in Erinnerung rufen, dass schon der standardmäßige Dual-Motor-Polestar 2 ein ziemliches Viech ist, was Beschleunigung und Fahrwerkshärte angeht, auch wenn das Auto so kultiviert im nordisch-zurückhaltenden Design auftritt (verantwortlich dafür: neben Ingenlath der österreichische Stilist Max Missoni). Nicht, dass man es ihm äußerlich ansehen würde – vom optionalen Rallyestreifen abgesehen –, aber im BST stecken eine Menge Dinge, die schneller Kurvenfahrt zuträglich sind. Der Öhlins-Beitrag im Detail: verstellbare 2-Wege-Frontdämpfer für „renntaugliches Feintuning“ von Zug- und Druckstufe, äußerst hübsch dargeboten wie ein edles Geschenkset im Frunk des Autos (Frunk = Front Trunk; also vorderer Kofferraum, weil dort kein Verbrennungsmotor den Platz einnimmt), überarbeitete Doppelstromventil-Dämpfer der Hinterachse, „maßgeschneiderte“ Federn und eine um 25 mm herabgesetzte Fahrhöhe. Dazu gibt es vorn eine Alu-Domstrebe und Bremspower von der Anker-Spezerei Brembo. Weil Ingenlath und sein Team die Ästhetik des Autos nicht durch viel Aerodynamik mit Spoilern und Flügel verhunzen wollten, setzte man eben ganz auf mechanischen Grip.

Das Ergebnis sind Lenkpräzision und schnelles Ansprechen beim Einlenken, freilich auch eine rigide Straffheit des Fahrwerks, das auf schlechten Straßen den Passagieren teils gehörige Knuffe austeilt. Das muss man sportlich nehmen.

»BST steht für „Beast“. Passend, Auch wenn der Polestar nicht so aussieht. «

Verbessert wurde auch das Ansprechen des Antriebs, der seine Gewalt genauer dosiert, berechenbarer ausübt, auch wenn die Transparenz einer akustisch mitteilsamen Verbrennerdrehzahl naturgemäß nicht zu haben ist. Der Polestar hat nur einen Gang – und im Grund immer und überall Power.

Die Limits der Sportwertung setzen das halt unvermeidbar hohe Gewicht, jedenfalls im fahrdynamischen Kontext, die grundlegende Tendenz zum (im Zweifelsfall sicheren) Untersteuern und das ESP, das im Sport-Modus die Zügel etwas lockerer lässt, größere Gierwinkel durch potenzielle Drifts und Powerslides aber doch wachsam unterbindet. Immerhin, die Traktion ist unerschütterlich, der BST pickt auf der Straße wie Kaugummi.

»Zwischen Enyaq RS und Polestar BST liegen 60 MM bodenfreiheit.«

Mit so viel Tuningraffinesse kann der Skoda nicht aufwarten. RS steht bei der Marke für sportliche Neigung, nicht für Racing-Ambitionen. Das sieht man schon an der Höhe, nicht nur des Daches, das den Polestar deutlich überragt, sondern auch an der Bodenfreiheit: Zwischen dem in seinen gut ausgefüllten Radkästen kauernden Pole­star (121 mm) und dem Enyaq (181 mm) liegt fast eine Handbreit, die man beim Lastwechsel auf schneller Kurvenfahrt miteinrechnen muss. Aber er ist mit knapp 300 PS gut gerüstet für Sprints aller Art und zügiges Gleiten sowieso. Allradangetrieben wie der Polestar, glänzt der Enyaq mit dem Eindruck von Kontrolle, Übersicht und Mühelosigkeit in allen Lebenslagen. Sein sportliches Handling – freilich nicht vergleichbar messerscharf wie beim Polestar – ist ohne Härte zu genießen. Der Enyaq ist überhaupt ein wunderbar rund abgestimmtes Gesamtpaket, und wenn er auch im Kern dem VW ID.4 entspricht, als RS der GTX-Variante, so würden wir dem Skoda den Vorzug geben. Die Anmutung des Interieurs geht zwar eher in Richtung pflegeleicht, aber die Ergonomie ist vorbildlich und die Bedienung unkompliziert. Der Polestar wiederum ist ein Ausbund an Aufgeräumtheit, bei all edlem Tuch minimalistisch fast, mit dem großen zentralen Display als Dreh- und Angelpunkt des Android-Bordsystems mit unschlagbarem Google-Maps-Navi. Ob man seine doch recht kompromisslose Sportlichkeit im Alltag wirklich braucht – für diese Frage haben sich immerhin schon fast 270 gefunden, die sagen: Yes, please! Eile ist geboten.

(c) Juergen Skarwan

Das Biest in dir

Tiefergelegt, angespitzt, auf 270 Stück limitiert: Polestar zeigt mit dem 2er-„Beast“ (daher BST), wie sportlich eine Elektrolimo sein kann.

Name: Polestar 2 BST edition 270
Preis: 75.900 Euro
Motor: PSM an Vorder- u. Hi.-achse
Leistung: 350 kW (476 PS) Peak; 680 Nm
Gewicht: 2113 kg
0–100 km/h: 4,4 Sekunden
Vmax: 205 km/h
Batterie: 75 kWh netto
Reichweite: 390/462 km (real/Norm)

(c) Juergen Skarwan

Allrounder der flotten Art

Die stärkste Variante des Skoda Enyaq entspricht weitgehend dem Plattform-Bruder VW ID.4 GTX, setzt aber eigene Akzente. Würdig ausgestattet.

Name: Skoda Enyaq Coupé RS iV
Preis: 66.430 Euro
Motor: PSM an Vorder- u. Hi.-achse
Leistung: 220 kW (299 PS) Peak; 460 Nm
Gewicht: 2253 kg
0–100 km/h: 6,5 Sekunden
Vmax: 180 km/h
Batterie: 77 kWh netto
Reichweite: 420/508 km (real/Norm)

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