Glosse

Was uns Teichtmeister über die Oscars lehrt

(c) Alamode / Panda Film (FELIX VRATNY)
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„Corsage" ist aus dem Rennen um die Academy Awards. Wie wir mit dem Film und den daran geknüpften Skandal umgehen, sollten wir davon nicht abhängig machen.

Jetzt wissen wir es also. Endlich. Marie Kreutzers Sisi-Film „Corsage“ findet sich heuer nicht unter den Nominierten in der Oscar-Kategorie „Best International Feature Film“ (einst bekannt als „Bester Fremdsprachiger Film“). Er ist also endgültig raus aus dem Rennen um den Auslandsoscar.

Seit geraumer Zeit wird den Academy Awards die Relevanz abgesprochen: Die alberne Show schaue sich kein Mensch mehr an, heißt es – und die Filme, die für den Hollywood-Preis nominiert werden, auch nicht. Dennoch schien sich der österreichische (Kultur-)Diskurs in den letzten Tagen fast nur noch um die Frage zu drehen, ob der heimische Oscar-Kandidat Chancen auf eine Nominierung hat oder nicht – und was eine solche für ihn (und für „uns“) bedeuten würde. Offenbar ist die Vergabe der berühmten Goldstatuetten doch noch nicht ganz so egal, wie oft behauptet wird.

Die Marke zählt

Warum? Weil die Marke, das Label der Oscars noch immer viel zählt: Wenn prominente Schauspieler sterben, bleiben ihre Erfolge im Dolby Theatre in Los Angeles selten unerwähnt. Und weil die internationale Aufmerksamkeit für einen Film nach einer Oscar-Nominierung (ganz zu schweigen vom Oscar-Gewinn) meist eine andere ist als davor: Plötzlich steht die betreffende Produktion, die nicht zuletzt auch das Land repräsentiert, von dem es offiziell eingereicht wurde, im Rampenlicht der Weltöffentlichkeit. Mit all ihren schönen und weniger schönen Seiten. Der Teichtmeister-Skandal hat – neben vielen anderen, wichtigeren Dingen – auch das wieder ins Bewusstsein gerückt.

Nicht unbedingt im Positiven: Zeitweilig wirkte es beinahe so, als wäre der künftige Umgang Österreichs mit „Corsage“ direkt vom Nominierungsstatus des Films abhängig. Nun gibt es Klarheit – und es wird sich zeigen, ob an dieser Vermutung etwas dran war. Oder ob wir imstande sind, uns den vielfältigen Auseinandersetzungen, die im Nachgang der Anklage gegen Teichtmeister geführt werden müssen, auch ohne den Druck durch die Sorge um unser nationales Image zu stellen. Zu wünschen wäre es.

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