Zwischentöne

Der Moderne entkam man vor 100 Jahren mit der Dampflok

Wer da meint, Künstler hätten es leicht, wenn ästhetisch (wieder) alles möglich ist, sollte ein Jahrhundert zurückblicken. Das rückt vieles zurecht.

Alles ist möglich. Seit die sogenannte Postmoderne uns den Befreiungsschlag von sämtlichen Doktrinen und „Ismen“ beschert hat, dürfen sich Künstler wieder frei im Raum der Fantasie bewegen, ohne Gefahr zu laufen, sofort von ästhetischen Vordenkern in die Schranken gewiesen zu werden. Das Leben ist aber nicht immer leicht, wenn die Landschaft nach allen Richtungen offen ist und keine Wegweiser dastehen. Streng nach Vorschrift der herrschenden Gesetze lässt sich ja auch ohne Einfall etwas produzieren, was dann immerhin seine Existenzberechtigung daraus bezieht, dass ja eben nach Vorschrift gearbeitet wurde.

Also, sagen wir's salopp, wenn einem nichts einfällt, ist man ohne Schablonen verloren. Ein Blick zurück lehrt, dass vor genau 100 Jahren die Komponisten der damaligen Avantgarde vor demselben Problem standen. 1923 schrieb eigentlich nur der originelle Edgar Varèse Musik, die überhaupt nicht an althergebrachten oder ringsum in der aktuellen Szene vorgefundenen Mustern orientiert war, sondern im wahrsten Sinne des Wortes „unerhört“ war: „Hyperprism“ hieß das Stück für neun Bläser und sieben Schlagwerker. Der Komponist versuchte, Klänge einmal zu behandeln wie Licht, das durch Prismen strahlt.

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