Die letzten Zeitzeugen

Wer erinnert sich künftig noch an den Holocaust?

Die Ära der Zeitzeuginnen und Zeitzeugen geht langsam zu Ende. Das wirkt sich nicht nur auf die Erinnerungskultur aus, sondern auch auf die Forschung: Manche Fragen können erst heute gestellt werden.

Wäre Anne Frank noch am Leben, sie wäre heute 93 Jahre alt. Als sie 1945 im KZ Bergen-Belsen starb, war sie fünfzehn. Holocaust-Überlebende, die den Horror der NS-Zeit als Erwachsene erlebt haben, gibt es kaum noch. Jene, die heute – auch anlässlich des Internationalen Holocaust-Gedenktags am Freitag – einer jungen Generation von ihren Erinnerungen berichten können, waren damals meist selbst Kinder. Und auch sie werden immer weniger: Die Ära der Zeitzeuginnen und Zeitzeugen geht zu Ende.

Für die Historikerin Heidemarie Uhl, die sich mit Gedächtniskultur und Geschichtspolitik befasst, hat dieses Ende zwei Dimensionen: Zum einen würden mit der Zeitzeugenschaft auch moralische Instanzen verschwinden – und deren Haltungen zu gewissen Orten. Noch könnten wir etwa bei Befreiungsfeiern von Konzentrationslagern die Perspektive von jenen hören, die diese Lager erlebt haben. „Wenn diese Menschen nicht mehr da sind, wer spricht dann? Politiker, Künstler? Das wird nicht dasselbe sein.“ Zum anderen seien wir bald darauf angewiesen, was bleibt: unzählige Interviews auf Video- und Audioaufnahmen. Neue Fragen können dann aber nicht mehr gestellt werden. Doch: „Jede Generation hat neue Fragen an die Geschichte.“

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