Gesundheitssystem

Rauch und AK nehmen Ärztekammer weiter in die Mangel

APA/GEORG HOCHMUTH
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Der Gesundheitsminister will alle relevanten Akteure dazu bringen, die Situation von Patientinnen und Patienten zu verbessern. Denn dass man Probleme im Gesundheitssystem habe, sei evident.

Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) kritisert weiter die Ärztekammer. Zuletzt hatte er sich am Vetorecht der Standesvertretung gegen Primärversorgungseinheiten (PVE) gestoßen. Am Freitag attestierte er der Kammer im „Ö1"-Interview, generell über zu viel Macht zu verfügen. Kritik kam auch von der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK). Arbeitnehmer-Obmann Andreas Huss wartete mit einer ganzen Liste an Beispielen, wo die Ärztekammer blockiert, auf.

"Die Ärztekammer ist ein im wahrsten Sinne des Wortes gewichtiger Vertreter der Interessen, nämlich der Interessen der Ärzteschaft", sagte Rauch: "Da geht es sehr viel um Bewahren und nicht so sehr um eine zukunftsfähige Gestaltung." Angesprochen auf den Vorstoß des burgenländischen Landeshauptmanns Hans Peter Doskozil (SPÖ), der die Kompetenz der Kammer für den ärztlichen Not- und Bereitschaftsdienst infrage gestellt hatte, hofft der Minister noch auf Reformbereitschaft. Allerdings: "Wenn es dann nicht funktioniert und keinerlei Bereitschaft besteht, zu Reformen zu kommen, dann wird man sich überlegen müssen, wie bringt man einzelne Vertragspartner dazu, diesen Dinge auch nachzukommen."

Guter Zugang zum Gesundheitssystem für alle

Generell gehe es ihm darum, Sozialversicherung, Bundesländer, Bund, Finanzministerium, Ärztekammer und auch andere Interessensvertretungen gemeinsam dazuzubekommen, die Situation von Patientinnen und Patienten zu verbessern, so Rauch: "In meinen Augen muss einfach langfristig sichergestellt sein, dass es für alle Menschen in Österreich einen gleichberechtigten, guten Zugang zum Gesundheitssystem gibt."

Er appellierte dafür, die Zeit der für heuer anberaumten Finanzausgleichsverhandlungen zu nutzen, um notwendige Reformen gemeinsam zustande zu bringen. "Wenn wir da scheitern, dann bleibt für fünf Jahre alles wie es ist", sagte der Minister: "Und ich meine, es kann nicht fünf Jahre alles bleiben, wie es ist, weil dann wird es am Ende noch teurer werden, noch ineffizienter werden und die Probleme werden sich verschärfen. Und dass wir Probleme haben im Gesundheitssystem, das ist evident."

Huss: Ärztekammer will Angebots- und Nachfrage-Schieflage

Kassenobmann Huss führte Negativbeispiele aus der Zusammenarbeit mit der Ärztekammer an. So verhindere die Standesvertretung den Ausbau der kindermedizinischen Ambulatorien in Wien, obwohl es Errichtungsbewilligungen gebe. Sie wehre sich auch gegen alternative Versorgungsformen wie Ambulatorien oder Kooperationen mit Krankenhäusern, auch wenn dortige Kassenstellen längere Zeit nicht besetzt werden könnten.

"Die Ärztekammer nutzt hier ihre Vetorechte, um eine Angebots- und Nachfrage-Schieflage zu erzeugen und diese zu ihrem Vorteil zu nutzen", kritisierte Huss: "Hohe Nachfrage und niedriges Angebot führt zu höheren Honoraren, so die Strategie. Das erschwert es uns, die gute Versorgung für alle aufrecht zu erhalten." Natürlich könne sich Kammer ausschließlich auf die Vertretung der Interessen der Ärzte zurückziehen und jegliche Versorgungsverantwortung von sich weisen: "Dann aber bitte ohne irgendwelche Vetorechte."

Ärztekammer: Kritik ist „unfair und nicht haltbar"

Ärztekammer-Präsident Johannes Steinhart wies die Kritik zurück. "Der Ärztekammer ein Betonierer-Image anzudichten, ist unfair und faktisch nicht haltbar", meinte er. In Wien sei erst vor wenigen Tagen die zehnte Primärversorgungseinheit eröffnet worden, bis Mitte des Jahres seien fünf weitere geplant, "da kann man uns sicher keine Verweigerungshaltung vorwerfen". Auch dass die Ärztekammern die Besetzung von Kassenstellen verhindern würden, um anderen Ärztinnen und Ärzten Konkurrenzdruck zu ersparen, wies er zurück.

(APA)

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