Güterwagenbau

Maschinenfabrik Liezen zieht "Jahrhundertauftrag" an Land

APA/INGRID KORNBERGER
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Das deutsche Güterverkehrunternehmen Helrom lässt - vorerst - 40 innovative Güterwaggons in der Obersteiermark fertigen. Läuft die Produktion gut, könnte bis 2033 eine Viertelmilliarde Euro fließen.

Die Maschinenfabrik Liezen (MFL) hat einen "Jahrhundertauftrag" an Land gezogen: Das deutsche Güterverkehrunternehmen Helrom lässt - vorerst - 40 innovative Güterwaggons in der Obersteiermark fertigen. Der Auftrag liegt im zweistelligen Millionen-Euro-Bereich. Läuft die Produktion gut, gibt es die Option auf weitere Aufträge. Damit könnte bis 2033 eine Viertelmilliarde Euro fließen, sagte am Freitag MFL-Geschäftsführer Herbert Decker bei einer Pressekonferenz.

Die MFL habe sich zum Ziel gesetzt, "westeuropäisches Zentrum zur Herstellung innovativer Güterwaggons zu werden. Mit diesem spektakulären Auftrag ist der Grundstein dafür gelegt", sagte Decker. Die neuen Güterwagen seien eine Neuerung auf der Schiene, denn sie können ganze Sattelaufleger, die eigentlich nicht "kranbar" sind, aufnehmen und transportieren.

Auf die sogenannten Trailerwagen passen jeweils zwei Sattelaufleger. Ein Zug besteht aus 20 dieser Wagen. Die Aufleger können durch ein neuartiges Schwenk-System aufgeladen werden. Derzeit fährt bereits ein solcher neuartiger Zug zwischen Wien und Düsseldorf. Helrom-CEO Roman Noack schilderte, dass der Zug im Vorjahr 306 Mal zwischen den beiden Städten gefahren ist, beinahe täglich. "Wir sind sehr zuverlässig und pünktlich, können daher sogar Lebensmittel transportieren", versicherte Noack. Die Nachfrage der Speditionen sei hoch, darum will man die innovativen Güterwagen nun in großer Zahl produzieren.

Bisher werden nur rund zwei Prozent aller Trailer europaweit auf der Schiene über weite Distanzen transportiert. Die neuen Wagen von Helrom lösen das Problem der nicht "kranbaren" Sattelaufleger. Damit könnten künftig alle Aufleger "barrierefrei" mit dem Zug gefahren werden. Allein der eine Zug mit seinen 306 Fahrten im Vorjahr hätte dadurch rund 10.000 Tonnen CO2 eingespart, indem er mehr als 16.000 Lkw-Trailer transportiert hat.

"Historischer Auftrag"

Für Decker ist es ein "historischer Auftrag, nicht nur wegen der Größe, sondern auch wegen der Innovation und Nachhaltigkeit". Es sei zudem eine Bestätigung für das Unternehmen am Weg zum Komplettanbieter für den Schienenverkehr. Der Geschäftsführer zeigte sich zuversichtlich, dass Helrom die Option auf weitere Stückzahlen nach den ersten 40 Wagen ziehen wird.

Noack zufolge sei für die Herstellung der komplexen Schienenfahrzeuge ein "Spitzenproduzent" nötig, mit der MFL habe man einen solchen Hersteller gefunden. Allerdings wird derzeit der neue Trailerwagen zeitgleich auch von anderen Produzenten hergestellt. Helrom will vorerst die Verbindung Wien-Düsseldorf stärken, später auch weitere Destinationen in ganz Europa ins Auge fassen.

Für die Produktion in Liezen sei der Bau einer neuen Halle nötig. Reinhard Haider, Eigentümervertreter der MFL, wird daher noch heuer rund sechs Millionen Euro in den Standort investieren. Die Halle soll bis Mitte des Jahres stehen, bis Ende 2023 soll eine High-End-Roboterschweiß-Anlage einbaut sein. Die ersten Wagen sollen rund um den Jahreswechsel, der erste Zug vielleicht sogar schon im Frühjahr 2024 fertig produziert sein.

Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) gratulierte zum Großauftrag: "Die Industrie ist das Rückgrat des steirischen Wohlstands. Dieses innovative Produkt passt exakt in die Zeit", meinte er mit Blick auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz. "Hier wird Zukunft gemacht." Ähnliches war auch von Wirtschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl (ÖVP) zu hören: "In der Branche ist noch viel Luft nach oben. Hier wird eine Schlüsseltechnologie auf den Weg gebracht."

Der Großauftrag bringt auch neue Arbeitsplätze in die Region. Bereits im Vorjahr habe die MFL rund 50 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgenommen. Derzeit beschäftige man knapp 700. Etwa 20 bis 30 Stellen seien aktuell ausgeschrieben, vom Maschinenbauer über Zerspaner bis hin zu Lackierer. Neue Arbeitskräfte erhalten 1000 Euro Einstiegsprämie.

Die Maschinenfabrik Liezen und Gießerei Ges.m.b.H. hat laut Wirtschaftscompass 2021 einen Umsatz von knapp 102 Millionen Euro erwirtschaftet. Das EGT lag bei 1,79 Millionen Euro. Die endgültigen Zahlen für 2022 liegen laut MFL noch nicht vor.

(APA)

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