Ausbildung

Vielfältiger und weniger elitär als in den USA

Lang war der deutschsprachige Raum ein Nachzügler, was das prestigeträchtige Studium zum Master of Business Administration betrifft. Ein Forschungsteam untersuchte nun, wie sich der deutsche MBA-Markt entwickelte.

Wer heute auf seiner Visitenkarte einen „MBA“ anführt, kann damit rechnen, dass dieser Grad dem Gegenüber geläufig ist. Noch zu Beginn des Millenniums hingegen wussten hierzulande nur wenige, dass sich hinter dem Kürzel ein „Master of Business Administration“ verbirgt, der durch ein ein- bis zweijähriges Management-Studiumzu erreichen ist. Erst seitdem vor etwa 20 Jahren viele Hochschulen im deutschsprachigen Raum begannen, neben dem klassischen Wirtschaftsstudium auch MBA-Lehrgänge anzubieten, erlangte der dazu gehörige Abschluss Bekanntheit.

„Nach über 100 Jahren betriebswirtschaftlicher Lehre an deutschen Hochschulen schossen auf einmal MBA-Programme wie Pilze auf dem Boden“, sagt Ann-Christine Schulz, Fachhochschul-Professorin am Institut für Digitale Transformation und Strategie der FH Wien der WKW. „Während beispielsweise in den USA und anderen angloamerikanischen, aber auch westeuropäischen Ländern MBA-Programme sehr prestigeträchtig sind und schon lang etabliert, waren sie in Deutschland doch sehr lang recht unbekannt und auch von den Unternehmen als Abschluss kaum nachgefragt.“

Die Wirtschaftsforscherin untersuchte bei 86 Anbietern den Trend zu MBA-Studiengängen. Zusammen mit Kerstin Fehre von der Vlerick Business School in Gent (Belgien) und Simon Oertel von der Uni Salzburg analysierte sie die Entwicklung an deutschen Hochschulen zwischen 1999 und 2015.

Als Label etabliert

Wie zu erwarten, seien MBA-Programme von jüngeren, privaten Hochschulen eingeführt worden, die sich recht frühzeitig als modern und praxisnah positioniert hätten, so Schulz. „Überraschend war für uns jedoch, dass es darüber hinaus eher die etablierten, älteren Universitäten waren, die sich ihnen angeschlossen haben.“ Außerdem sei man auf eine unerwartet große Vielfalt an MBA-Programmen gestoßen. Man habe damit gerechnet, ähnlich wie in anderen westeuropäischen Staaten, eine Art Kopie des US-amerikanischen Marktes vorzufinden. Das Spektrum sei jedoch viel breiter und reiche von „Mini-MBAs“ über fachspezifische Marketing- oder Finance-MBAs bis zu Kooperationsprogrammen. „Für unsere Analysen haben wir uns zwar auf die ein- bis zweijährigen Programme im Bereich der Unternehmensführung konzentriert, aber eigentlich ist das Bild der MBA-Landschaft in Deutschland sehr viel bunter.“ Die Forscherin resümiert, dass sich hier eher eine Art „MBA-Label“ verbreitet habe als ein MBA-Programm nach klassischem amerikanischen Vorbild.

Zwar reichten deutsche und generell europäische MBAs nur selten an US-Programme, wie zum Beispiel von Wharton, Harvard oder Stanford, heran. Dafür habe man im deutschsprachigen Raum „eine wirklich solide, grundlegende BWL-Ausbildung in den Bachelor- und Masterstudiengängen an den Universitäten und Fachhochschulen“. „Die grundständige Ausbildung ist einfach bereits sehr attraktiv, und die Hochschulen – anders als viele Business Schools im angelsächsischen Raum – müssen nicht unbedingt ein Geschäftsmodell aus der Ausbildung machen.“

Die Studie „The Adoption of MBA Programs in Germany“ von Schulz und ihrem Team wurde kürzlich im Journal Academy of Management Learning & Education veröffentlicht.

Lexikon

Master of Business Administration (MBA) ist ein akademischer Grad, zu dem ein gleichnamiges Management-Studium führt. Hauptzielgruppe der meist postgradual konzipierten Ausbildung sind Personen, die bereits in Führungspositionen tätig sind oder diese anstreben. Neben dem klassischen, generalistischen MBA sind inzwischen auch spezialisierte Programme auf dem Markt, etwa für Finanzbranche, Energiesektor und Gesundheitsmanagement.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.01.2023)

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