Emissionsfreier Brennstoff

Alkohol tanken, um saubere Energie zu gewinnen

A fuel nozzle of Superethanol E85 is seen at a petrol station in Mont-de-Marsan
A fuel nozzle of Superethanol E85 is seen at a petrol station in Mont-de-MarsanREUTERS
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Die chemische Verbindung Alkohol erleichtert nicht nur Smalltalk, sondern auch die Umsetzung von Brennstoffzellen in einer klimafreundlichen Zukunft. Methanol und Ethanol sind einfacher zu speichern als Wasserstoff und weniger explosionsgefährdet.

Obwohl es „Brennstoffzelle“ heißt, brennt in ihr gar nichts. Im Gegensatz zu einem Verbrennungsmotor, in dem das Kraftstoff-Luft-Gemisch entzündet wird, entsteht die Energie in einer Brennstoffzelle durch elektrochemische Vorgänge – zum Beispiel indem Wasserstoff (H2) in seine Protonen (H+) und Elektronen (e-) gespalten wird. „Diese Elektronen werden verwendet, um Strom zu erzeugen“, sagt Daniel Himmelbauer, der aktuell an der ETH Zürich forscht. Er leitet ein vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF finanziertes Projekt (unter Supervision von Hansjörg Grützmacher), das solche Brennstoffzellen noch effizienter machen will. Und zwar durch den Einsatz von Alkohol.

Damit ist jedoch kein feuchtfröhliches Brainstorming der Forschenden gemeint, sondern die Basis dessen, wie die Brennstoffzelle zu ihrem Wasserstoff kommt. Denn Alkohole haben in jedem Molekül auch H-Atome, die man so abspalten kann, dass die energiegewinnenden Vorgänge glatt ablaufen. „Eine Alkoholbrennstoffzelle nimmt den Wasserstoff aus Methanol oder Ethanol, was einige Vorteile hat“, sagt Himmelbauer, der mit einem Erwin-Schrödinger-Stipendium in Zürich ist. Seine Dissertation hat er 2020 in der Arbeitsgruppe von Karl Kirchner an der TU Wien abgeschlossen. Der einfachste Alkohol, Methanol, besteht zu zwölf Prozent seiner Masse aus Wasserstoff, und diese wertvolle Ressource könnte kleine Kraftwerke ebenso antreiben wie Motoren für emissionsfreie Autos oder Züge.

Die Vorteile, Alkohol statt Wasserstoff zu tanken, sind einerseits, dass Methanol und Ethanol flüssig statt gasförmig sind, also einfacher zu lagern und in Schläuche zu speisen. Andererseits ist Wasserstoff als sehr leichtes und flüchtiges Gas auch hochentzündlich, und alle Labore und Tankstellen müssen hohe Explosionssicherheit aufweisen – noch höhere, als es für Alkohole oder herkömmlichen Benzin notwendig ist. So steigt die Hoffnung in innovativen Kreisen, dass Methanol-Brennstoffzellen in einer klimafreundlichen Zukunft vielleicht sogar die bisherigen Elektroautos ersetzen können, deren große Batterien und Stromladestellen bisher problemanfällig sind.

Umsetzung der Naturkraft

Für die gelungene Fortbewegung oder Energiegewinnung brauchen solche Alkohol-Brennstoffzellen allerdings Katalysatoren: Jedoch nicht solche wie herkömmliche Verbrennungsmotor-Gefährte, wo ein „Kat“ die Abgasreinigung verbessert. Sondern Katalysatoren im Sinne der chemischen Reaktionen: So heißt jeder Stoff, der die Reaktionsgeschwindigkeit erhöht.

Im Falle des Projekts mit dem Titel „Umsetzung der Naturkraft in direkte Alkohol-Brennstoffzellen“ geht es um Katalysatoren, die Metallatome in sich tragen. Hierfür ist Himmelbauer Spezialist, da er sich schon in der Dissertation mit metallorganischer Chemie befasste, also mit Verbindungen die Metalle mit Kohlenwasserstoffen eingehen. „In der Alkohol-Brennstoffzelle ist der Metallkatalysator dafür zuständig, dass die Alkohole oxidiert werden und über elektrokatalytische Vorgänge Wasserstoff entsteht, der in Protonen und Elektronen aufgespalten wird“, erklärt Himmelbauer.

Die Praxistests laufen in Florenz ab

Je effizienter das klappt, umso klimafreundlicher und ressourcenschonender wären zukünftige Techniken. Das Team um Himmelbauer tüftelt im Labor an diesen neuartigen Metallkatalysatoren, die möglichst wenig Metalleinsatz verbrauchen und chemische Reaktionen in den Brennstoffzellen bestens antreiben. „Wir synthetisieren die Stoffe und beschreiben ihre chemischen und physikalischen Eigenschaften“, so Himmelbauer. Dann schicken sie die Stoffe an ihre Kooperationspartner in Florenz, die in Alkoholbrennstoffzellen praktisch testen, was die Theorie verspricht. „Das ist ein Trial-and-Error-Prozess: Wenn es in der Praxis nicht klappt, bauen wir etwas Neues und testen das dann wieder“, beschreibt Himmelbauer. Das Besondere an den hier geschaffenen Stoffen ist, dass jedes einzelne Metallatom elektrochemisch reagieren kann, und somit kein Metall verschwendet wird, wie es bei anderen Nanomaterialien oft als Hemmschuh gesehen wird.

Lexikon

Ein Katalysator beschleunigt chemische Reaktionen. In einem vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF geförderten Projekt an der ETH Zürich werden metallorganische Katalysatoren erschaffen, die aus metallischen Kernen und organischen Grundgerüsten bestehen.

In der Natur übernehmen oft Enzyme, also Eiweißstoffe, die Rolle von Katalysatoren. Als Vorbild dienen nun Enzyme, die sehr effizient Alkohole in Wasserstoff verwandeln. Die Forschenden wollen mit den synthetischen Katalysatoren an die Effizienz der Natur herankommen, um Strom zu erzeugen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.01.2023)

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