Buch der Woche

Marlene Streeruwitz: "Die ist 16 und muss sich wehren"

Marlene Streeruwitz über eine emotionale Achterbahn von Mutter und Tochter.
Marlene Streeruwitz über eine emotionale Achterbahn von Mutter und Tochter.Heribert Corn
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In ihrem Roman „Tage im Mai“ begleitet Marlene Streeruwitz Frauen aus zwei Generationen durch die von Pandemie, gesellschaftlichen Verwerfungen, Klimawandel und Kriegsangst bestimmte Gegenwart.

Im Mittelpunkt des neuen Romans von Marlene Streeruwitz stehen eine Mutter und ihre Tochter, die, anders als die Bezeichnung „Roman dialogué“ vermuten lässt, kaum in Dialog treten. Da ist einerseits die durch Corona und Kriegsangst nervlich zerrüttete Mittfünfzigerin Konstanze, prekär beschäftigte Übersetzerin, die nach wechselnden Beziehungen allein in einer Wohnung beim Wiener Prater und in „Pandemie-Einsamkeit“ lebt; und andererseits ihre zwanzigjährige Tochter Veronica – „Ihre Veronica, mit c geschrieben, vegan und ernsthaft“, nach Selbstdefinition „veganes Staubkorn und kein Grund für irgendetwas“. Wir bekommen abwechselnd die Innensichten der beiden Figuren präsentiert, erst im letzten Teil des Romans findet ein längerer gemeinsamer Auftritt statt, Regieanweisungen inklusive.

Während Veronica neben ihrem Rezeptionistinnen-Job für ein Kunstprojekt als Grashalm und als Regentropfen zu Demonstrationen geht und in ihrem eigenen Projekt auf Instagram tot spielt („Die vollkommene Unbewegtheit. Fast-tot-Sein. Das konnte sie nur am Morgen machen. Und dann posten. Jeden Tag. Jeden Morgen.“), versucht Konstanze der Erschütterung aller Sicherheiten in ihrem Leben tätig zu begegnen und die Verbindung zu ihrer Tochter zu halten. Dabei ist sie nur mäßig erfolgreich, auch laboriert sie an der Entfremdung von ihrer eigenen Mutter. Die hatte ihrer Tochter einst geraten, das Kind abzutreiben, entwickelte sich dann aber zur guten Oma Christl, die der Enkelin und ihrem Freund Jonas in Pandemiezeiten Unterkunft in ihrem Haus in Salzburg gewährt. Von Jonas betrogen, mit Sandra und „mit McDonald's“, schmiedet Veronica den Plan, nach Wien zu ziehen („Schlimmstenfalls musste sie zur Mami“); im titelgebenden Mai des Jahres 2022 wohnt sie in einem erzkatholischen Mädchenheim im 19. Bezirk.

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