Neue Songs bedienen sich alter Melodien. Doch wieso ist der Trend zu Sampling und zu musikalischem Recycling gerade jetzt so groß? Und wer profitiert davon?
Es gibt so wahnsinnig viele Beispiele dafür, man kann sie gar nicht alle anführen. Aktuell auf Platz vier der Ö3-Charts sind David Guetta & Bebe Rexha mit „I'm Good (Blue)“. Das Lied wurde vor zwanzig Wochen veröffentlicht, aber seine bestimmende Melodie ist mehr als zwanzig Jahre alt: „I'm blue / Da ba dee da ba di“ sang das italienische Eurodance-Trio Eiffel 65 gut gelaunt im Jahr 1999 – und landete damit einen Hit. Der Song handelte von einem „little guy“, um den herum alles blau ist, weil ihm keiner zuhört. In der aktuellen Version freut sich die US-Popsängerin Bebe Rexha auf die Partynacht, die vor ihr liegt. Blau ist hier nichts, sie singt: „I'm good, yeah, I'm feelin' alright.“ Populär-DJ David Guetta baute die Beats dazu, weicher als im Original.
Noch ein paar Beispiele aus den Charts: „Creepin'“ von Metro Boomin, The Weeknd & 21 Savage beruht zu weiten Teilen – sieht man von der Rap-Passage ab – auf „I Don't Wanna Know“, einem R&B-Song aus dem Jahr 2004 von Mario Winans feat. Enya und P. Diddy (der wiederum selbst auf älteren Hits basierte). Der Deutschrapper Luciano borgte sich für „Beautiful Girl“ den Refrain von Sean Kingstons „Beautiful Girls“ (2007); der britische Rapper Central Cee in „Let Go“ jenen von Passengers „Let Her Go“ (2012).
Selbst Miley Cyrus, die mit ihrem Nummer-eins-Hit „Flowers“ gerade Streaming-Rekorde bricht, hat ihre Selbstermächtigungshymne wohl an Bruno Mars' „When I Was Your Man“ von 2012 angelehnt: „I should have bought you flowers“, schmachtete er damals am Klavier. „I can buy myself flowers“, singt sie mit einer ziemlich ähnlichen Melodie, nun eben eingebettet in Discofunk (als Co-Komponist scheint Mars allerdings nicht auf).