Theaterkritik

Burgtheater: Warum dieser "Zauberberg" doch nicht fasziniert

(c) Marcella Ruiz-Cruz
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Bastian Kraft hat eine überzeugende Stückfassung von Thomas Manns „Zauberberg“ erstellt. In der Inszenierung ist er leider einem sinnstörenden postdramatischen Ansatz gefolgt. Mit einer Vierteilung Hans Castorps funktioniert die Geschichte seiner Entwicklung nicht.

Sind das jetzt wirklich sieben Minuten? Oder nur sieben Theaterminuten? Bei dieser Frage ertappt man sich bei der Szene, in der der frisch rekrutierte Patient Hans Castorp – eigentlich vier Hans Castorps, doch davon später – mit dem Thermometer im Mund daliegt und ungeduldig wartet. Man wartet mit ihm und fragt sich noch naiver: Ja, fehlen diese sieben Minuten nicht dann bei dem waghalsigen Unterfangen, uns den „Zauberberg“ in 130 Minuten vorzuführen? Diese tausend Seiten, die erst von sieben Tagen, dann von sieben Monaten, dann von sieben Jahren erzählen und zwar mit der Langeweile spielen, aber nie langweilig sind? Überhaupt: Was ist Langeweile?

Gut, diese Meditation kommt nicht vor in der Stückfassung, die Regisseur Bastian Kraft erstellt hat. Aber es ist eine erstaunlich gut gelungene Reader's-Digest-Version des „Zauberberg“. Sie konzentriert sich auf das zentrale Motiv der Überwindung des Todes durch die Liebe, sie bringt alle wesentlichen Personen bis hin zum Mynheer Peeperkorn, dessen dionysische Predigten ein wenig knapp wirken, aber man kann halt nicht alles haben in 130 Minuten. Den großen Stumpfsinn und die große Gereiztheit schlankerhand zusammenzufassen, ist eine witzige Idee. Wie überhaupt die Komik des Romans gut vermittelt wird, wobei die gute Frau Stöhr mit ihren 28 Fischsaucen brav mitwirkt.

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