Mein Dienstag

Heartbreak Hotel

Filmladen
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Der Film „Schwedisch für Fortgeschrittene“ zeigt, dass wir nach großen Enttäuschungen alle blutige Anfänger sind.

Es gibt da diese Szene in dem schwedischen Film „Heartbreak Hotel“ aus dem Jahr 2006, der in Österreich unter dem fantasielosen Titel „Schwedisch für Fortgeschrittene“ ins Kino gekommen ist. Die Mittvierzigerin Elisabeth (Helena Bergström), eine Ärztin, lernt die in etwa gleichaltrige Polizistin Gudrun (Maria Lundqvist) kennen, als diese ihr einen Strafzettel verpasst. Die beiden werden beste Freundinnen. Elisabeth erzählt Gudrun, sie sei verwitwet. Später stellt sich heraus, dass das gar nicht stimmt, sondern sie einfach nur geschieden ist. Auch der Grund für die Trennung wird erwähnt.

Bis heute versuche ich zu verstehen, wie tief eine Verletzung sitzen muss, damit jemand behauptet, sein Partner bzw. seine Partnerin sei gestorben. Insbesondere nach einer langjährigen Beziehung mit vielen glücklichen Tagen. In Elisabeths Fall haben sie und ihr Exmann sogar eine gemeinsame Tochter im Teenageralter. Dennoch fühlt sie sich seit dem Scheitern ihrer Ehe als Witwe. Für mich eine unverhältnismäßige und kaum nachvollziehbare Überreaktion nach einer ganz offensichtlich massiven Kränkung.

Dann wiederum denke ich, man sollte den Mund nicht zu voll nehmen. Wahrscheinlich ist niemand dagegen gefeit, in eine Situation zu geraten, in der man sich wünscht, nicht nur einen Menschen aus seinem Leben zu löschen, sondern auch die Erinnerung an ihn. Nicht umsonst gibt es die Redewendung „für jemanden gestorben sein“. Nur wird sie leider allzu inflationär verwendet, vor allem von jüngeren Menschen, die sich des Ausmaßes und der Wucht einer solchen Aussage (noch) nicht bewusst sind. Mit ein bisschen Glück werden sie das auch nie sein, weil ihnen eine Erfahrung wie jene von Elisabeth erspart bleibt.

„Heartbreak Hotel“ ist jedenfalls ein intelligentes und unterhaltsames Vehikel, um sich mit dieser Frage auseinanderzusetzen. Nicht mit der Frage, was passieren müsste, damit jemand für einen gestorben ist. Sondern mit der Frage, was trotz aller Enttäuschungen und Irrtümer im Leben wichtiger ist: das Verharren in einer rückwärtsgewandten Selbstverachtung voller Bedauern oder das Pflegen einer nach vorn gerichteten Selbstachtung voller Zuversicht.

E-Mails an: koeksal.baltaci@diepresse.com

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