Randerscheinung

Spazieren gehen statt Ski fahren - oder Tischtennis

Carolina Frank
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Ich kann mir nicht vorstellen, dass es in Mitteleuropa jemand gibt, der nennenswert mehr spazieren geht als ich.

Die Wetter-App, programmiert in Cupertino, warnt vor „Extremwetter“ und meint damit 24 cm Schnee in 48 Stunden. In Kalifornien wäre das wohl tatsächlich ein Pro­blem. Die erste kalte Phase des Jahres stellt unseren adaptierten Heizplan auf die Probe: unten wie bisher mit Gas (wie viel davon ist russisch und wie viel kommt aus Flüssiggasbeständen aus aller Welt?), aber um zwei Grad kühler als die Winter davor, oben heizen wir mit Alternativenergie zu: Die Abwärme der ununterbrochen laufenden Playstation im Zimmer des Jüngsten sorgt für Behaglichkeit in allen Räumen.

Der Hund wiederum liebt den Schnee. Er tobt darin herum und trägt so viel davon ins Haus, dass er dort gleich weitermachen kann. Es heißt immer, Hunde bringen einen hinaus in die Natur. Ich finde, sie bringen mindestens so viel Natur hinein. Was ich genau mit meiner Zeit angefangen habe, bevor wir den Hund hatten, weiß ich wirklich nicht. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass es in Mitteleuropa jemand gibt, der nennenswert mehr spazieren geht als ich. In den Energieferien wollten wir ursprünglich Ski fahren, damit der Jüngste vor dem Schulskikurs zumindest schon einmal auf der Piste gestanden ist. Nun will er lieber zur Tischtennis-Trainingswoche.

Tischtennis hat den Vorteil, dass die Bedingungen in der Halle immer gleich sind, es ist eher zu warm als zu kalt, weiß sind nur die Bälle. Ich werde ihn also jeden Tag in der Früh zum Training bringen und am Abend wieder abholen. Davor, dazwischen und danach gehe ich mit dem Hund ­spazieren. Zugegeben, klingt nicht so ­glamourös wie Gastein, Zürs oder St. Moritz, aber das ist im Leben manchmal so: Nicht alles, was da daherkommt, hat man sich auch so vorgestellt. Das muss aber nichts ­heißen. Es kann ja sogar schöner sein. 

("Die Presse Schaufenster" vom 27.01.23)

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