Klimawandel bringt jeden Eiskanal in Not

Sport Bilder des Tages Jekabs Kalenda, Davis Springis (Lettland), CH, BMW IBSF Zweierbob Weltmeisterschaft, Olympia Bob
Sport Bilder des Tages Jekabs Kalenda, Davis Springis (Lettland), CH, BMW IBSF Zweierbob Weltmeisterschaft, Olympia Bob IMAGO/Eibner
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Erderwärmung gefährdet Zukunft für Bobfahrer und Rennrodler, alle Sportstätten müssen klimaneutral werden. Wenn man sich die Klima-Entwicklung so anschaut, dann muss man leider befürchten, dass diese WM in St. Moritz die letzte sein könnte", sagte Andreas Trautvetter, Vizepräsident beim Weltverband IBSF.

Die wohl längste Eisskulptur der Welt steht wie ein Sinnbild für die schmelzenden Zukunftshoffnungen des olympischen Bob- und Rodelsports. Zwar rettete ein Temperatursturz zuletzt die Bob-WM auf der traditionsreichen Natureisbahn von St. Moritz. Doch die Sorgen bleiben. „Wenn man sich die Klima-Entwicklung so anschaut, dann muss man leider befürchten, dass diese WM in St. Moritz die letzte sein könnte", sagte Andreas Trautvetter, Vizepräsident beim Weltverband IBSF, der dpa.

Der Natureiskanal im Schweizer Engadin wird jedes Jahr im November mit 15.000 Kubikmetern Schnee und viel Wasser neu erschaffen - angeblich ganz ohne chemische Stoffe. Umweltverträglichkeit ist plötzlich oberstes Gebot bei den Funktionären. "Die Herausforderungen für den Wintersport insgesamt und für die Olympischen Spiele sind deutlich", sagte IOC-Präsident Thomas Bach während der Rodel-WM in Oberhof mit Blick auf den Klimawandel. Wenn die Erderwärmung so fortschreite, gebe es im Jahr 2050 "wahrscheinlich 50 bis 60 Prozent" der Wintersportorte nicht mehr, die für Großereignisse wie Weltmeisterschaften oder Olympia infrage kämen.

Der Präsident des Weltrodelverbandes, Einars Fogelis, hat eine Arbeitsgruppe zur zukunftsweisenden und nachhaltigen Entwicklung der Eiskanalsportarten gegründet. "Aus meiner Sicht müssen wir in den nächsten Jahren komplett umdenken", sagte der Lette. Neben effektiverer Planung bei der Vereisung soll auch der Wettkampfkalender inklusive Reisetätigkeiten überdacht werden. "Wir müssen auf existierende Sportstätten setzen und diese so weit als möglich klimaneutral betreiben", sagte Fogelis.

Das Umdenken beim IOC hat begonnen. Bezogen auf die Vergabe künftiger Olympischer Winterspiele sagte Bach: "Eine der Überlegungen ist, dass man tatsächlich über ein gewisses Rotationssystem nachdenkt." Die Idee dahinter: Schneesichere Wintersportorte könnten regelmäßig Ausrichter von Olympia oder Weltmeisterschaften sein und somit langfristig planen. Damit soll zudem verhindert werden, dass kostspielige Eisbahnen wie einst bei den Winterspielen in Calgary 1988, La Plagne 1992, Lillehammer 1994 und Turin 2006 dem Verfall preisgegeben werden, so wie die Anlagen in Sapporo 1972 und Sarajevo 1984.

Der Neuaufbau der traditionsreichen Bahn in Cortina d'Ampezzo für Olympia 2026 könnte dem Vernehmen nach das letzte große Bahnprojekt werden. Dort wurden seit 2008 keine Rennen gefahren, sie ist inzwischen weitgehend zerstört. Dennoch erteilten die italienischen Olympia-Macher einem Ausweichen nach Innsbruck oder auf die stillgelegte Bahn in Cesana eine Absage.

Auch wenn das IOC und Umweltschützer den Neubau der Anlage in Cortina für zu teuer und nicht nachhaltig halten, soll das Projekt durchgezogen werden. "Wir haben nicht die Macht, das einzige, was wir haben, ist die Kraft der Überzeugung", betonte Bach und ergänzte: "In politischen Diskussionen ist die Kraft der Argumente nicht unbedingt immer ausschlaggebend."

Der Schweizer Christian Reich, Olympia-Zweiter im Zweierbob 2002, sieht für die Naturbahn von St. Moritz noch Hoffnung. "Die nächsten zehn Jahre habe ich noch keine Bedenken, doch sollte es wärmer werden, müsste man alternativ über eine Verschiebung vom Naturschnee zum Kunstschnee nachdenken, auch weil die Druckkurven somit belastungsresistenter und weniger temperaturanfällig werden", sagte der 55-Jährige. Die Not seines Sports sieht er beim Blick aufs Thermometer: "Früher hatten wir in St. Moritz 25 bis 30 Grad minus in der Nacht, heute sind es nur 10 bis 12 Grad."

(FIN/DPA)

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