Popmusik

Sam Smith oder wer „sexy“ sein darf

iHeartRadio Power 96.1´s Jingle Ball 2022 - Show
iHeartRadio Power 96.1´s Jingle Ball 2022 - Show(c) Getty Images for iHeartRadio (Derek White)
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Sam Smith neues Musikvideo ruft unterschiedliche Reaktionen hervor: Die einen meinen, das Video sei vulgär, die anderen erkennen in der Kritik Homophobie und „Fat Shaming".

Ein Rüschenbüschel in Flamingo-Rosa, ein schwarzes Satin-Kleid mit viel Dekolleté, eine weiße Corsage mit passendem G-String und viel Strapse, Nippelquasten und Latex-Plateau-Stiefel: Die Garderobe in Sam Smiths neuen Musikvideo zu „I'm not here to make friends“ ist aufreizend, laut und für manche auch provokativ. Der Popsong ist eines von 13 Liedern auf Smiths neuem und vierten Album „Gloria“, das sich thematisch in erster Linie mit Themen wie Selbstliebe, Toleranz und Selbstermächtigung beschäftigt.

Im Oktober 2017 outete sich Smith als non-binär, zwei Jahre später verlautbarte der Artist via Instagram, man wolle auf männliche Pronomen verzichten. Die Musik der britischen Koryphäe beschäftigte sich fortan intensiver mit der eigenen Gefühlswelt und Sexualität, die Outfits wurden insgesamt knalliger, die Videos expliziter.

Sein jüngsten Video erschien vergangenes Wochenende und rief in den sozialen Medien sehr unterschiedliche Reaktionen bei Rezipienten und Rezipientinnen hervor. Zum einen wurden die sehr deutlichen sexuellen Anspielungen kritisiert, insbesondere eine Szene, in der Smith von mehreren Seiten mit Champagner begossen wird, zum anderen wird Smiths Auftreten angegriffen.

Wer darf denn nun sexy sein?

Der Tenor der Kritikerinnen und Kritiker: Die Garderobe sei für Smiths Körperform oder Smiths Geschlecht nicht angemessen, die Inhalte seien zu sexualisiert, das Video sei vulgär. Ein Zeitungskommentator im britischen Magazin „The Spectator“ nennt Smiths Auftritt und die zeitgenössische LGBTQIA+-Popkultur überhaupt peinlich. Niemand traue sich mehr, gegen kulturelle Erzeugnisse wie dieses Musikvideo anzureden, aus Angst als „altvaterisch“ - kurz: als Boomer - wahrgenommen zu werden.

Via Twitter, Instagram und TikTok haben sich viele andere Menschen zu Smiths Verteidigung ausgesprochen. Hätten weibliche Künstlerinnen oder etwa Harry Styles die gleichen Outfits auf einem Magazincover oder in einem Video getragen, wäre er umjubelt worden, führten verschiedene Twitter-Nutzerinnen als Argument an. Die Aufregung fuße also nicht nur in einem Bemühen um weniger sexuelle Freizügigkeit - immerhin sind die sehr viele Musikvideos zu Popsongs recht freizügig -, sondern liege vor allem an einer homophoben Grundeinstellung und Diskriminierung unterschiedlicher Körpertypen. Nur dünnen, außerordentlich normschönen und am besten klar kategorisierbaren Prominenten sei gestattet, sich als „sexy“ in Szene zu setzen.

Smiths neues Album „Gloria“ ist so oder so im Begriff, die britischen Charts zu erklimmen und könnte sie bald anführen.

(sir)

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