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Pelinka: "Rendi-Wagner stürzt nicht, solange Ludwig hinter ihr steht"

 SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-WagnerAPA/ROBERT JAEGER
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Der Politologe Anton Pelinka ist davon überzeugt, dass es innerhalb der SPÖ brodelt. Parteichefin Pamela Rendi-Wagner könne aber durchaus politisch überleben.

Der Politologe und intime SPÖ-Kenner Anton Pelinka sieht den Stuhl von Pamela Rendi-Wagner als SPÖ-Bundesparteichefin und rote Spitzenkandidatin bei der Nationalratswahl wackeln. Die Debatte um die Parteichefin liege "auf der Hand". "Sie wird nur oberflächlich betrachtet still geführt. In Wirklichkeit brodelt es", sagte Pelinka im APA-Interview. Die "entscheidende Macht" sei nun die Wiener SPÖ: "Rendi-Wagner wird nicht stürzen, solange Bürgermeister Ludwig hinter ihr steht."

Deshalb glaube er - auch wenn "nichts auszuschließen" sei - dass Rendi-Wagner zumindest kurzfristig politisch überleben kann, so der Politikwissenschafter, der über Jahrzehnte an der Universität Innsbruck lehrte. Denn Ludwig habe Sorge, dass für den Fall, dass er die Vorsitzende fallen lässt, jemand zu ihm kommt und sagt: "Dann mach es du." "Und das will er nicht. Er will wie sein Vorgänger Häupl lieber der Erste in Wien sein, als möglicherweise Glanz als bundesweiter Spitzenkandidat zu verlieren", argumentierte Pelinka.

„Es gibt keine Front 'Alle gegen Wien'“ 

Eine rote Bundesländerfront gegen die Wiener Partei - wie seinerzeit beim Übergang von Werner Faymann auf Christian Kern - sieht der Politikwissenschaft-Doyen vorerst nicht: "Die Länder sind sich nicht einig. Es gibt keine Front 'Alle gegen Wien'". Er erwarte sich das auch nicht, so Pelinka. So würde nicht nur die Wiener Landespartei, sondern auch westliche rote Bundesländer-Parteien wie die Tiroler SPÖ rund um Landeshauptmannstellvertreter Georg Dornauer Rendi-Wagner noch halten. "Davon kommt er nicht los", meinte Pelinka, der überwiegend in Tirol lebt, in Richtung Dornauer.

Dass Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil Spitzenkandidat und Parteichef werden will, daran hat Pelinka keinen Zweifel. Auf die Frage, ob dieser offen - und ohne Rückendeckung durch die Wiener Partei - seinen Hut gegen Rendi-Wagner in den Ring werfen wird, meinte Pelinka: "Ich halte das für möglich, aber eher unwahrscheinlich." Die burgenländische Partei sei zu klein, Doskozil brauche "Stützen außerhalb." Und diese sieht der SPÖ-Kenner nicht in ausreichendem Maße gegeben.

Die niederösterreichische Landespartei wäre mit dem zurückgetretenen Spitzenkandidaten Franz Schnabl noch eine solche Stütze gewesen, doch dies sei nun auch nicht mehr so eindeutig: Denn Schnabl sei die "burgenländische Strategie" gefahren und habe vor der für die SPÖ desaströsen Wahl eine Allianz mit der FPÖ bzw. die Unterstützung für einen möglichen freiheitlichen Landeshauptmann nie ganz ausgeschlossen. "Doch Schnabl ist dafür bestraft worden, dass er die Flanke zur FPÖ offen gelassen hat", glaubt Pelinka.

SPÖ soll auf Distanz zu FPÖ bleiben

Er rate der Sozialdemokratie, auch im Bund weiter auf Distanz zur FPÖ zu bleiben. Seit der Ära Franz Vranitzky sei es ein Identitätsmerkmal der Sozialdemokratie, klarzustellen, dass eine Regierungsallianz mit den Freiheitlichen nicht infrage komme.

Die Debatte um Rendi-Wagner finde angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen in Kärnten und Salzburg logischerweise noch "im Hintergrund" statt, so der Politologe. Er erwarte aber, dass sie danach an Fahrt aufnehmen wird, denn die Wahlen würden in roter Hinsicht wohl maximal "so lau lau" ausgehen. So wie in erster Linie Schnabl wegen seiner Linie für die Niederlage in Niederösterreich verantwortlich sei, könne man wohl mit einiger Logik behaupten, dass Rendi-Wagner die "primäre Schuld" daran trägt, dass vor allem die FPÖ und nicht die SPÖ von der Schwäche der ÖVP im Bund profitiert, erklärte Pelinka.

Die Stärke der FPÖ, sowohl bei Wahlen als auch in den Umfragen, führt Pelinka auf Strategie und Kurs von Bundesparteiobmann Herbert Kickl zurück. "Kickl ist ein Meister der Stimmenmaximierung. Er ist der Haider von heute", zog der Politologe einen historischen Vergleich. Der FPÖ-Chef habe es - wie seinerzeit Haider - geschafft, die FPÖ als breite "Anti-Establishment-Bewegung" mit laufenden Tabubrüchen zu etablieren. Man sei wieder dort angelangt, wo man Ende der 1990er-Jahre am Höhepunkt der Haider-Ära gewesen war.

Van der Bellens Ansage politisch „klug“

Doch im Kanzleramt sieht Pelinka Kickl noch lange nicht. Platz eins bei der Nationalratswahl und damit eine relative Mehrheit sei zwar "durchaus möglich", aber den notwendigen Koalitionspartner für die FPÖ orte er nicht. "Und es gibt eine anti-freiheitliche Mehrheit in der österreichischen Gesellschaft", erklärte Pelinka und ergänzte: "Deren Sprecher ist Bundespräsident Alexander Van der Bellen." Dessen Aussagen, wonach er Kickl bei Platz eins nicht automatisch einen Regierungsbildungsauftrag erteilen werde, sei politisch "klug" gewesen: "Er hat damit klargemacht, dass es sehr wohl auch auf den Bundespräsidenten ankommt." Natürlich bestehe auch die Möglichkeit, dass Van der Bellen scheitere wie seinerzeit Thomas Klestil bei der Bildung von Schwarz-Blau I 1999/2000, aber eines sei auch klar: "Kickl spielt ein riskantes Spiel, indem er immer wieder alle Möglichen im politischen Spektrum verärgert, inklusive den Bundespräsidenten."

Auf die ÖVP sieht Pelinka nach ihrer schweren Niederlage vorerst im Bund nicht dieselbe Führungsdebatte wie auf die SPÖ zukommen. Dies habe sie auch der Sozialdemokratie und den Verwerfungen dort zu verdanken. Außerdem agiere Parteichef und Bundeskanzler Karl Nehammer "relativ geschickt", indem er sich zwar des Kurses von Altkanzler Sebastian Kurz einerseits inhaltlich bediene, sich aber auch wegen der gewesenen Affären vorsichtig distanziere. Die Bundeskoalition aus ÖVP und Grünen werde höchstwahrscheinlich bis zum regulären Wahltermin im Herbst 2024 durchhalten und wohl zum "spätest möglichen Termin" wählen.

(APA)

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