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"Holy Spider": Ein Frauenmörder, dem die Leute zujubelten

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Ein Mann tötete 16 Frauen im Iran, und die Öffentlichkeit ließ ihn walten: In seinem Film „Holy Spider“ machte der Exil-Iraner Ali Abbasi aus einem wahren Fall ein grelles Gemisch aus Krimi und Gesellschaftsporträt. Ab Freitag im Kino.

Vor dem Gerichtsgebäude der zweitgrößten iranischen Stadt, Maschhad, herrscht Aufregung. Eine Menschenmenge hat sich vor dem Eingang versammelt und fordert die Freilassung eines Inhaftierten, dem die Todesstrafe droht. Die Szene aus dem Film „Holy Spider“ mag aktuell anmuten; von den derzeitigen Protesten im Iran, gegen die das Regime seit Monaten hart vorgeht – bislang wurden vier Demonstranten nach Eilverfahren hingerichtet, Hunderte weitere wurden auf den Straßen getötet –, ist sie aber denkbar weit entfernt. Die Menschen rufen nicht nach Gnade für einen Regimegegner, sondern für einen Serienmörder: 16 Prostituierte hat der Zimmermann und Familienvater Saeed Hanaei getötet, erdrosselt mit ihrem eigenen Kopftuch. Er habe die Straßen von Sittenlosen gereinigt, meint er stolz – und ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung sieht das genauso.

Es ist ein wahrer Fall aus den Jahren 2000 und 2001, den der im Iran geborene, seit seinem Studium in Skandinavien lebende Regisseur Ali Abbasi in seinem dritten Spielfilm aufrollt. Und indirekt hat der Film natürlich doch mit der gegenwärtigen Protestwelle zu tun (auch wenn er deutlich vor ihr fertiggestellt wurde): Abbasi schildert nicht nur einen Kriminalfall – und das in durchaus brutalen Bildern –, sondern porträtiert auch einen Teil jenes Systems, gegen das nun viele auf die Straße gehen. Korruption bei Polizei und Justiz, eine Übermacht der geistigen Würdenträger und ein herabwürdigendes Frauenbild prägen im Film die Gesellschaft dieser religiösen Pilgerstadt. Der „Spinnenmörder“, wie die Zeitungen den Täter nennen, kann da lang ungehindert sein Werk vollbringen.

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