Randerscheinung

Ein paar gute Jahre noch

Carolina Frank
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„Wie alt wirst du eigentlich, Papa?“, fragt mich der Jüngste am nächsten Tag. „52“, sag’ ich und erschrecke kurz.

Meine Mutter ruft mich dieses Mal sicherheitshalber schon am Abend davor an: „Alles Gute! Ich melde mich schon jetzt, nur falls ich morgen wieder vergesse.“ Und wir telefonieren dann fast eine Stunde. Vorgratulieren kann ich übrigens nur empfehlen (außer man hat irgendwelche Aberglauben, die dem entgegenstehen), das Geburtstagskind wird es genauso schätzen und hat noch dazu mehr Zeit als am tatsächlichen Datum. „Wie alt wirst du eigentlich, Papa?“, fragt mich der Jüngste am nächsten Tag. „52“, sag’ ich und erschrecke kurz. „Hm, stelle ich mir auch nicht angenehm vor“, sagt er irgendwie nachdenklich in seinem dreizehnten Lebensjahr.

Meine jüngere Schwester meint dann am Telefon lachend: ­„Na ja, ein paar gute Jahre wirst schon noch haben.“ Und mein Schwager, der Arzt: „Wenn man die Zeit zwischen 50 und 60 einmal übersteht, hat man ­richtig gute Chancen, alt zu werden.“ Mein Freund singt am Telefon „Zum Geburtstag viel Glück“ für mich wie jedes Jahr. Und jedes Jahr habe ich mehr das Gefühl, dass Glück genau das ist, was ich am allerbesten brauchen kann.

Beim Schokotorteessen zu fünft, es gibt Vanilleeis dazu, sind dann auch die beiden großen Buben mit dabei. Ich bekomme von ihnen ­ein Basketball-T-Shirt geschenkt, ich schaue nämlich derzeit zu viel NBA. Der Mittlere mustert mich und meint: „Das kannst du schon noch sehr gut tragen.“ Der Ältere überlegt trotzdem laut, ob ich es nicht in eine Nummer größer umtauschen soll. Sie haben die Rechnung aufgehoben. Der Hund singt nicht mit und hat auch keine Bonmots zu bieten, sondern streift unter dem Tisch um meine Beine herum, um mir seine Verbundenheit zu zeigen. Er wird im Herbst fünf. Das ist doch kein Alter für einen Hund, denke ich mir. Und irgendwie tröstet mich das.

("Die Presse Schaufenster" vom 03.02.23)

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