Ökologie

Laufkäfer: Allesfresser für mehr Artenvielfalt

Der Goldlaufkäfer ist ein schönes heimisches Exemplar der vielfältigen Artengruppe.
Der Goldlaufkäfer ist ein schönes heimisches Exemplar der vielfältigen Artengruppe. [ Wikimedia/Bernard Dupont ]
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Eine Hoffnung für Österreichs Biodiversität ist wenige Zentimeter groß, gut zu Fuß und sehr hungrig. Laufkäfer fressen fast alles, was da ist. Die Universität Innsbruck erforscht, ob die Insekten Spritzmittel ersetzen könnten.

Österreich steckt in einer Biodiversitätskrise. In den letzten 20 Jahren sind rund 40 Prozent der Brutvögel der österreichischen Kulturlandschaft verloren gegangen. Etwa jede dritte Tierart ist bedroht, 82 Prozent aller Arten sowie 79 Prozent der Lebensräume sind in einem ungünstigen Erhaltungszustand. Vielleicht erinnern sich manche Leserinnen und Leser noch an den Artenreichtum ihrer Jugend. Wenn sich die Natur heute leerer anfühlt, dann, weil der Mensch sie Stück für Stück verdrängt hat. Ein Trend, der sich fortsetzt.

Gründe für den Verlust der Arten sind eine immer intensivere und großstrukturierte Landwirtschaft, die ungebremste Flächenversiegelung, das Fehlen eines bundesweiten Naturschutzgesetzes, zu wenig Geld für Nationalparks und Schutzgebiete sowie für die Biodiversitätsforschung, zu wenig Umweltbildung und vieles mehr. Österreich steht dabei nicht allein da. Weltweit geht die Zahl der Arten immer weiter zurück. Der Weltbiodiversitätsrat geht davon aus, dass in diesem Jahrhundert eine Million Arten aussterben werden. Es ist überfällig, gegenzusteuern. Gleichzeitig muss die Landwirtschaft weiterhin die Produktion von ausreichend Nahrungsmitteln gewährleisten.

Ökosysteme gegen die Klimakrise

Der neue und zugleich uralte Weg orientiert sich daher an „funktionierenden Ökosystemen“, also biologischen Systemen, die sich selbst regulieren: „Ich habe ein geniales Statement von einer Kollegin gelesen“, erzählt die Biologin Corinna Wallinger von der Universität Innsbruck: „Da war die Frage: ,Was ist eurer Meinung nach die beste Technologie, um die Klimakrise und Biodiversitätskrise in den Griff zu bekommen?‘ Ihre einzig wahre Antwort war: ,Funktionierende Ökosysteme.‘“

Wallinger versucht den Spagat in der konventionellen Landwirtschaft mit einer bisher weitgehend unbeachteten Käfergruppe, den Laufkäfern: „Laufkäfer sind so etwas wie der ,Leatherman‘ unter den Insekten“, so die Biologin: „Die fressen als Gruppe ziemlich alles, was da ist.“ Eine Eigenschaft, die man sich zur Kontrolle von Schädlingen und Unkraut zunutze machen kann. Denn: Spezialisierte Insekten wie Marienkäfer oder die Florfliege kommen erst ins Feld, wenn „ihre“ Schädlinge, wie etwa die Blattlaus, schon zahlreich vorhanden sind.

Laufkäfer sind schon früh im Feld: „Das heißt, die Mutter aller Blattläuse wird schon weggefressen, bevor sie sich explosionsartig vermehrt und großen Schaden anrichten kann“, so Wallinger. Viele Laufkäfer fressen darüber hinaus Unkrautsamen, gegen die noch intensiver gespritzt wird als gegen Schädlinge: „Wenn man in den Feldern eine gesunde Laufkäferpopulation aufrechterhalten kann, dann könnte man auf intensive mechanische Bearbeitung und auf chemische Bekämpfungsmittel verzichten.“

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