Klimaschutz

Der wahre Knackpunkt beim Ausstieg aus dem Gas

Wien hat 100 Projekte für den Gasausstieg bis 2040 vorgelegt. Ob das gelingt, hängt davon ab, ob die Fernwärme umweltfreundlich wird.

Wien. „Raus aus Gas“ lautet das Motto der Stunde. „Raus aus Gas“ lautete auch das Motto der rot-pinken Regierungsklausur vor wenigen Tagen. Dazu wurden 100 konkrete Projekte präsentiert, die beim Gasausstieg in Wien helfen sollen.

Meist waren es lokale Projekte wie thermische Sanierung von Häusern etc. Gleichzeitig präsentiert sich die Stadtregierung bei jeder Gelegenheit als Klimakämpfer und verkündet laufend neue Vorstöße, um die Gasabhängigkeit der Bundeshauptstadt zu verringern.



Bei diesem Hype wird der Knackpunkt beim Gasausstieg übersehen: Der massive Ausbau der Fernwärme wird Wien (wie es Stadtregierung und die Wien Energie gern erzählen) nicht grüner machen. Denn ein Großteil der „umweltfreundlichen Fernwärme“ stammt aus Wiener Gaskraftwerken. Das ist vielen Wienern nicht bewusst, nachdem sich die Wien Energie mit Solaroffensiven und Werbekampagnen ein Image als grüner Vorzeigebetrieb aufgebaut hat – was (derzeit) nicht stimmt.
Auch wenn Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky anlässlich der 100 Projekte geschwärmt hat: „Wir drehen an den ganz großen Schrauben.“ Diese Aussage ist nicht ganz korrekt. Denn die großen Schrauben liegen nicht in der (notwendigen) thermischen Sanierung von 100 Häusern, sondern bei der Wiener Energiegewinnung. Denn im Winter, wenn Wohnungen und Büros mit (laut Stadtregierung) „umweltfreundlicher Fernwärme“ geheizt werden, laufen die Gasturbinen (im wahrsten Sinn des Wortes) auf Vollgas.

Unbemerkt von der Öffentlichkeit versucht man im Ressort von Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke, nun an großen Schrauben zu drehen. Unter dem Titel „Wärme und Kälte 2040“ läuft in Hankes Ressort ein Projekt, um die Gaskraftwerke zu ersetzen. In den kommenden drei Jahren sollen die Grundlagen für die Pensionierung der fossilen Kraftwerke erarbeitet werden.

Ein (bereits bekannter) Punkt: In Simmering wird die größte Wärmepumpe Mitteleuropas gebaut, mit der künftig 110.000 Haushalte versorgt werden. Neben dieser Pumpe, die naturgemäß mit Strom betrieben wird, der auch erst (umweltfreundlich) erzeugt werden muss, geht es um ein Thermalwasservorkommen, das in einigen Kilometern Tiefe von Simmering bis in die Donaustadt reicht. Ob das Vorkommen die Erwartungen erfüllt, ist noch offen. Zu oft wurde in Wien Geothermie angekündigt, ohne dass es im großen Stil umgesetzt werden konnte. Daneben setzt Hanke auf die grüne Produktion von Wasserstoff, nicht nur für Busse.

Entscheidend wird sein, ob gleichzeitig der Energieverbrauch für Heizen, Kühlen und Warmwasser in Wiener Wohnungen bis 2040 um 30 Prozent gesenkt werden kann – in einer Stadt, in der zahlreiche Menschen in Altbauwohnungen leben, die oft nicht an das Fernwärmenetz angeschlossen werden können oder thermisch schwer sanierbar sind.

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