Indien

Adani-Imperium in Schwierigkeiten

Ein US-Hedgefonds wirft einem der größten indischen Unternehmen Betrug vor und löst damit schwere Turbulenzen aus.

Mumbai. Das Firmenimperium des indischen Milliardärs Gautam Adani kommt nach den Vorwürfen einer US-Investmentfirma nicht zur Ruhe. Seit sich Hindenburg Research in der vergangenen Woche kritisch über die Finanzlage des Konglomerats geäußert hat, haben die zehn Aktien der Gruppe in der Summe umgerechnet rund 115 Milliarden Euro an Börsenwert verloren. Das Unternehmen soll demnach Offshore-Steuerparadiese nutzen und Aktienkurse manipulieren. Der Bericht äußerte auch Bedenken über die hohe Verschuldung und die Bewertungen von sieben börsenotierten Adani-Unternehmen. Adani weist die Betrugsvorwürfe zurück und droht mit rechtlichen Schritten.

Die Aktien von Adani Enterprises brachen am Freitag zwischenzeitlich um gut ein Drittel ein, womit das Minus in sieben Handelstagen auf 70 Prozent angewachsen ist. Der Kursrutsch verdeutlicht Sorgen der Investoren hinsichtlich Adanis Finanzierungsoptionen, nachdem Adani in dieser Woche eine 2,5 Milliarden Dollar schwere Zweitplatzierung seiner Aktien kurzfristig abgeblasen hatte, obwohl die Papiere schon gezeichnet waren. Die Affäre hat auch die Politik auf den Plan gerufen. Indische Abgeordnete fordern einen Untersuchungsausschuss. Die Zentralbank holt bei Geldinstituten Informationen über ihr Engagement bei Adani-Unternehmen ein.

Der Milliardär verhandelt mit Gläubigern, um einige durch verpfändete Aktien besicherte Kredite vorzeitig zurückzuzahlen. Einige Banken akzeptieren die Wertpapiere der Gruppe, deren Geschäfte vom Betrieb von Häfen bis zur Energieerzeugung reichen, nicht mehr als Sicherheiten für Kundengeschäfte.

Anleger wollten nicht nur Ankündigungen hören, sondern Taten sehen, erklärte ein Händler mit Blick auf die Kursverluste.

Hindenburg Research ist eine kleine, aber auf den Finanzmärkten bekannte Investmentfirma. Sie tritt als Leerverkäufer von Aktien auf – setzt also auf fallende Kurse. Hindenburg hat sich nach eigenem Bekunden zum Ziel gesetzt, bei Unternehmen Unregelmäßigkeiten etwa in der Buchhaltung aufzuspüren und von den mutmaßlichen Missständen zu profitieren. Der Name Hindenburg leitet sich nach Firmenangaben vom Unglück des gleichnamigen Luftschiffes 1937 ab. „Wir suchen nach ähnlichen, von Menschen verursachten Katastrophen, die im Markt kursieren“, heißt es auf der Webseite. Hindenburg wolle diese aufklären, bevor weitere „ahnungslose Opfer“ angelockt würden.

Absturz im Reichstenranking

Im Vorjahr hatte es Gautam Adani auf die Liste der zehn reichsten Menschen der Welt geschafft. Zu Jahresende war er gar der drittreichste Mensch der Welt, wie aus Bloomberg-Daten hervorging. Das hat sich blitzartig geändert. Inzwischen rangiert Adani mit einem Vermögen von 61 Milliarden Dollar nur noch auf Platz 21. Seit Anfang Jänner ist sein Vermögen um 59 Milliarden Dollar geschrumpft, er ist somit der bisher größte Verlierer des laufenden Jahres.

Der aktuelle Kurssturz erschwere es dem Mischkonzern, in den kommenden ein bis zwei Jahren neue Schulden aufzunehmen oder bestehende zu refinanzieren, warnte die Rating-Agentur Moody's. Allerdings würden erst 2025 Verbindlichkeiten in größerem Umfang fällig. Den Experten von Fitch zufolge haben die Turbulenzen dagegen keinen kurzfristigen Einfluss auf die Kreditwürdigkeit. Auch an den Prognosen für die Mittelzuflüsse ändere sich nichts. (ag./red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.02.2023)

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