Auslandstöchter

Österreicher tun sich mit Russland-Rückzug schwer

Raiffeisen ist nicht nur im Banken-, sondern auch im Nahrungsmittelbereich in Russland vertreten.
Raiffeisen ist nicht nur im Banken-, sondern auch im Nahrungsmittelbereich in Russland vertreten.REUTERS
  • Drucken

Heimische Firmen blieben bislang überwiegend in Russland. Und sprechen von „extrem schwieriger Abwägung“.

Wien. Das Thema Russland ist für viele Unternehmen nicht einfach, wenn sie dort tätig sind. Und gerade österreichische zeigen sich mit einem Rückzug zögerlicher als Unternehmen aus anderen Staaten. Eine aktuelle Studie der Universität St. Gallen unterstreicht das: Demnach haben bisher vier Prozent der österreichischen Unternehmen Russland verlassen, aber 8,5 Prozent der Unternehmen aus anderen EU- und aus G7-Staaten.

Schon Mitte Jänner haben Recherchen der Kyiv School of Economics (KSE) gezeigt, dass ein knappes Jahr nach Beginn der russischen Ukraine-Invasion zwei Drittel der zuvor bereits präsenten Unternehmen aus Österreich weiterhin in Russland aktiv sind. Auch hier zeigte sich, dass österreichische Unternehmen Russland gegenüber deutlich loyaler sind als Unternehmen aus anderen Ländern. Im kriegführenden Staat bleiben wollen nach Einschätzung der ukrainischen Experten derzeit 39 Prozent aller untersuchten internationalen Unternehmen. Bei Firmen aus Österreich treffe das allerdings bei 65,6 Prozent zu.

Bekanntes Beispiel ist die Raiffeisen Bank International (RBI), die schon lang überlegt, wie sie weiter vorgehen soll – ihr Gewinn floss zuletzt stark aus Russland. Im Lebensmittelbereich wiederum, für den keine harten Sanktionen gelten, ist die zu Raiffeisen gehörende Agrana weiter in Russland tätig. Beide Unternehmen sind allerdings auch in der Ukraine engagiert.

Bloß eine „Versorgungsrolle“

Agrana-Chef Markus Mühleisen betonte, dass das 300-köpfige Team einer Agrana-Fruchtzubereitungsfabrik im Moskauer Umland „sich unter extrem schwierigen Bedingungen anstrengt, das Geschäft aufrechtzuerhalten“. Gleichzeitig verurteilte er im Gespräch mit Journalisten den „russischen Kolonialkrieg“. „Wir wollen in keiner Weise das Putin-Regime unterstützen, aber stellen keine Rüstungs- oder Lifestyleprodukte her, sondern Fruchtzubereitungen.“ Die russische Armee sei natürlich kein Kunde. Es gehe um den Zugang zu Nahrungsmitteln für die Bevölkerung, die Agrana spiele eine Versorgungsrolle. Aber es sei eine „extrem schwierige Abwägung“.

Auch die OMV ist in Russland nach wie vor am Gasfeld Juschno-Russkoje beteiligt. Diese Beteiligung wurde bereits abgeschrieben, allerdings habe dieses Gasfeld auch für Russland strategische Bedeutung, „und damit sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen, wie man dort aussteigen kann, sehr eingeschränkt“, erläuterte OMV-Chef Alfred Stern dieser Tage. Eine Ausschüttung von Dividenden an Unternehmen aus „verfeindeten Staaten“ sei in Russland verboten, daher gebe es aus Russland keinen Ergebnisbeitrag mehr.

Es sei unverständlich, dass nach wie vor österreichische Firmen in Russland aktiv seien, sagte der ukrainische Präsident, Wolodymyr Selenskij, beim kürzlichen Besuch von Österreichs Staatsoberhaupt, Alexander Van der Bellen. So würde etwa die Raiffeisen Bank International (RBI) russischen Soldaten Kreditstundungen gewähren. Das sei inakzeptabel. „Wir möchten, dass diese Unternehmen stattdessen in die Ukraine kommen“, so Selenskij. „Wir rufen die österreichische Seite auf, Maßnahmen zu treffen, damit wegen österreichischer Unternehmen nicht Österreichs Bevölkerung in Misskredit gerät.“

Van der Bellen reagierte gelassen. Die österreichische Präsenz in Russland sei nur am Rande ein Thema gewesen, „ich sehe auch gar nicht, wie man das schnell lösen kann“, sagte er.

(APA/red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.