Das Überleben der Kinder

Das Erfüllen alter Forderungen ist mehr als ein Gebot der Stunde.

Der Ruf nach strengeren Strafen für Täter, die Kinder (zu Tode) misshandeln, kommt reflexartig, wenn wieder etwas passiert ist. Nein, härtere Strafen packen weder gesellschaftliche Fehlentwicklungen an der Wurzel noch wirken sie auf Gewalttäter besonders abschreckend. Dennoch lenkt der Fall Cain den Blick auf eine krasse strafgesetzliche Ungleichheit, die es - allein um des Vertrauens der Bevölkerung in die Rechtsordnung willen - zu beseitigen gilt: Jemand, der einen Raub begeht, bei dem das Opfer getötet wird, muss mit „lebenslang" rechnen. Jemand, der eine Frau vergewaltigt, wobei diese zu Tode kommt, ebenfalls. Jemand, der ein Kind zu Tode quält (Misshandlung mit Todesfolge), wandert höchstens zehn Jahre in Haft. Dass man sich dieses Ungleichgewicht „anschauen" müsse, sagt nun auch das Justizressort. Immerhin.

Klar: Auch durch das sauberste Strafgesetz rettet man noch kein Kinderleben. Dies wäre aber mit der Erfüllung alter Forderungen zu schaffen: Einheitliche Jugendschutz-Standards, besserer Abgleich von Daten der Jugendämter, Zusammenführen dieser Infos mit jenen von Polizei und Justiz. Auch im Fall Cain wäre das sinnvoll gewesen: Der Täter war amtsbekannt. Je länger nun wieder nichts passiert, desto höher die Gefahr, dass das nächste Kind stirbt.

manfred.seeh@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.01.2011)

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