Ukraine

Das Chaos rund um die vorerst abgesagte Ablöse des ukrainischen Verteidigungsministers

Archivbild von Olexij Resnikow, derzeit noch Verteidigungsminister der Ukraine.
Archivbild von Olexij Resnikow, derzeit noch Verteidigungsminister der Ukraine.REUTERS
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Ein Vertrauter von Präsident Selenskij sagt, Verteidigungsminister Resnikow werde diese Woche nicht abgelöst. Selenskij selbst schweigt. Möglicherweise gibt es rechtliche Hürden. Die Ukraine erwartet eine russische Angriffswelle in den nächsten Wochen.

Einen Tag nach der angekündigten Ablöse des ukrainischen Verteidigungsministers Olexij Resnikow ist das weitere Vorgehen am Montag zunächst unklar geblieben. Trotz zunächst anderslautender Aussagen teilte der Selenskij-Vertraute Dawid Arachamija in Kiew mit, dass die Ablösung nicht diese Woche stattfinden werde. Damit herrscht Ungewissheit um eine Schlüsselposition in der Regierung, während sich die Ukraine auf eine neue Offensive vorbereitet.

Militärgeheimdienst-Chef Kyrylo Budanow werde den Zivilisten Resnikow an der Spitze des Ministeriums ablösen, hatte Arachamija noch am Sonntag erklärt. Resnikow werde Minister für strategische Industrien. Arachamija ist Fraktionsführer der Partei Diener des Volkes von Präsident Wolodymyr Selenskij. Einen Tag nach der Ankündigung schien er am Montag zurückzurudern. Laut Nachrichtenagentur Reuters erklärte er im Nachrichtendienst Telegram, dass diese Woche keine personellen Veränderungen im Verteidigungssektor vorgenommen würden.

Präsident Selenskij schwieg zu dem Thema. Er hatte zuletzt bereits eine Reihe hochrangiger Staatsbediensteter ausgewechselt und dies mit Korruptionsvorwürfen begründet. Darunter auch ein Fall im Verteidigungsministerium. Ein stellvertretender Minister trat nach einem von ihm bestrittenen Bericht zurück, wonach sein Ministerium überhöhte Preise für die Truppenverpflegung gezahlt habe.

Resnikow gab sich ahnungslos

Resnikow selbst hatte am Sonntag erklärte, er sei über einen Wechsel nicht informiert worden und er würde den Posten für die strategische Industrie ablehnen, falls er ihm angeboten würde. Resnikow hatte das Amt im November 2021 übernommen, wenige Monate vor der russischen Invasion am 24. Februar 2022. Der 56-jährige Politiker ist ursprünglich Rechtsanwalt. Sein möglicher Nachfolger, der 37-jährige Kyrylo Budanow, blickt hingegen auf eine steile militärische Karriere zurück.

Zwei hochrangige Gesetzgeber wiesen laut Nachrichtenagentur Reuters am Montag darauf hin, dass der ukrainische Verteidigungsminister laut Gesetz ein Zivilist sein muss, was der sofortigen Ernennung von Budanow, einem 37-jährigen Offizier, im Wege zu stehen scheint.

Präsidentenberater Mychailo Podolyak sagte am Sonntagabend im ukrainischen Fernsehen auf die Frage, wie wahrscheinlich eine Regierungsumbildung sei: "Resnikow war äußerst effizient, was die Kommunikation mit unseren Partnern angeht. Und das ist in diesem Fall eine sehr wichtige Komponente."

Ukraine rechnet mit neuer russischer Offensive

Die Ungewissheit um die Zukunft an der Spitze des Verteidigungsministeriums kommt zu einem sehr schwierigen Zeitpunkt. Die Ukraine rechnet mit einer möglichen neuen russischen Offensive noch in diesem Monat. Vermutlich werde Russland sie um den Jahrestag des Beginns der Invasion am 24. Februar starten, sagte Resnikow am Sonntag vor dem Bekanntwerden seiner Ablösung.

Selenskij sprach am Sonntag von einer schwierigen Lage und erbitterten Kämpfen an der Front im Gebiet Donezk im Osten des Landes. "Aber wie schwierig es auch sein mag und wie groß der Druck dort auch ist, wir müssen aushalten", sagte Selenskij in seiner abendlichen Videoansprache. "Wir haben keine Alternative, als uns zu verteidigen und zu gewinnen." Russland versuche nun, seine Niederlagen vom vergangenen Jahr wettzumachen.

Derzeit steht die Ukraine vor allem rund um die Stadt Bachmut im Osten des Landes schwer unter Druck. Dort versuchen russische Truppen sowie Angehörige der berüchtigten Söldnertruppe Wagner seit Wochen, die ukrainischen Verteidigungslinien zu durchbrechen.

(APA/Reuters/dpa)

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