Mein Dienstag

Souvenirs, Souvenirs: ganz ohne Kitsch, zum Nulltarif

Die meisten Andenken aus dem Urlaub sind kitschige Staubfänger. Probieren Sie eine alternative touristische Gedenkkulturform: Streichholzbriefchen und Zuckersäckchen aus Restaurants und Kaffeehäusern.

Seien wir uns ehrlich: Die meisten Souvenirs, die wir aus dem Urlaub mitbringen, entpuppen sich recht rasch als reizlose Staubfänger. Nicht nur ist es fast durchwegs stilloser Kitsch, was sich uns kurz vor dem Heimflug oder auf dem Bahnhof als Andenken an die schöne Auszeit entgegendrängt. All die Figürchen, Miniaturbierkrügel und sonstigen Nippes-Variationen werden ihrem eigentlich Zweck, uns später daheim ein „Schön war's!“-Seufzen zu entlocken, kaum gerecht.

Falls Ihnen dieses Problem bekannt ist, darf ich eine mögliche alternative touristische Gedenkkulturform vorschlagen. Nämlich: Streichholzbriefchen und Zuckersäckchen aus Restaurants und Kaffeehäusern. Eine der schönsten Erinnerungen an das vergangene Jahr beispielsweise war jener herbstliche Sonntagnachmittag mit vier meiner besten Freunde, den wir auf einer sonnigen Restaurantterrasse im madrilenischen Stadtteil El Rastro verbrachten. Dieses bunte Leben rund um uns, der Schmäh, der nach 18 Jahren Freundschaft so flüssig lief wie eh und je, dazu die kleinen Leckereien auf unseren Tellern: Davon zehrt man in dunklen Jännerwochen ohne Sonnenlicht. Hilfreich dabei ist jenes Zuckersäckchen, das ich dort mitgehen ließ („El Viajero“ heißt das Café übrigens; tolle Terrasse oben!).

Auch vom Funkturm am Berliner Alexanderplatz, aus der andalusischen Kleinstadt Ronda, aus einigen Pariser Bistros habe ich solche Souvenirs mitgenommen. Und wenn mich das Heimweh nach meiner Geburtsstadt übermannt, rühre ich mir Zucker aus dem Hotel „Daniel“ beim Belvedere in den Kaffee.

Bisweilen erinnern mich diese flüchtigen Mitbringsel an Reisen und Orte, die ich schon fast vergessen hatte. Beim Aufräumen unseres Kellers fiel mir neulich ein Streichholzbriefchen aus einer alten Umzugskiste. „Nepenthe“ steht darauf – und mir fiel es wie Schuppen von den Augen: richtig, Sommer 2014, Kalifornien, Big Sur! Wenn Sie dort sind, nehmen Sie doch Zündhölzer mit! Sie werden sie später brauchen, ganz gewiss.

E-Mails an: oliver.grimm@diepresse.com

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