Katastrophe

Erdbeben in Türkei und Syrien: Geschlossene Flughäfen erschweren Hilfslieferungen

Ein Bild aus der syrischen Stadt Azaz nahe der Grenze zur Türkei.
Ein Bild aus der syrischen Stadt Azaz nahe der Grenze zur Türkei.APA/AFP/BAKR ALKASEM
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Vertreter von Hilfsorganisationen stehen in Kontakt mit den Behörden, um einen Plan zu entwickeln, wie Hilfslieferungen möglichst schnell und sicher in die Katastrophengebiete gebracht werden können.

Einen Tag nach den schweren Erdbeben an der türkisch-syrischen Grenze ist die Zahl der Toten auf über 5000 gestiegen. In der Türkei seien inzwischen 3419 Tote gezählt worden, sagte der türkische Vizepräsident Fuat Oktay. Aus dem benachbarten Bürgerkriegsland Syrien wurden mehr als 1600 Todesopfer gemeldet. Zahlreiche Länder sagten Unterstützung zu, aus Österreich machte sich eine Bundesheereinheit auf den Weg.

Das katastrophale Erdbeben und Nachbeben haben auch die Infrastruktur der Region schwer in Mitleidenschaft gezogen. "Die Flughäfen im Katastrophengebiet sind geschlossen", schilderte Marcus Bachmann, Beauftragter für humanitäre Angelegenheiten bei Ärzte Ohne Grenzen (MSF) Österreich, am Dienstag. Damit ist die Verkehrsinfrastruktur der "Flaschenhals" für Hilfslieferungen, wie der Experte sagte.

Vertreter von MSF - und anderen Hilfsorganisationen - stehen derzeit in Kontakt mit den Behörden auf beiden Seiten der Grenze, um einen Plan zu entwickeln, wie Hilfslieferungen möglichst schnell und sicher in die Katastrophengebiete gebracht werden können. Die Wetterlage verschärft die Situation zusätzlich: einerseits für die Erdbebenopfer, die bei starken Niederschlägen und großer Kälte ohne Dach über dem Kopf zu überleben versuchen, andererseits für Hilfsorganisationen, weil die Passierbarkeit von Verkehrswegen über Land massiv erschwert ist.

Provinz Hatay noch nicht erreicht

Bachmann bestätigte in dem Zusammenhang, dass einige Regionen sowohl in der Türkei - etwa die Provinz Hatay - als auch in Syrien bisher von Rettungskräften noch gar nicht erreicht worden sind oder erst jetzt erreicht werden. Es dauert daher, bis Verletzte in medizinische Obhut gelangen, wie Bachmann erläuterte. "Die Einlieferungen in Krankenhäuser reißen nicht ab, wir sind im Dauereinsatz", betonte der Experte. Und man müsse sich darauf einstellen, dass dies auch länger noch so bleibe.

Hilfsorganisationen, die schon länger in der zumindest auf syrischer Seite in der von Krieg geprägten Region tätig sind, haben natürlich einen Startvorteil bei der Nothilfe. "Wir sind mit einem großen Team in Nordwestsyrien seit Jahren im Einsatz und konnten von der ersten Stunde an mit notfallmedizinischer Hilfe starten", sagte Bachmann für MSF etwa. Die Hilfsorganisation hat in der Krisenregion auch Notfalllager eingerichtet, um entsprechend schnell auf solche Katastrophenfälle reagieren zu können. "Wir haben erste Hilfsgüter an 23 Krankenhäuser und medizinische Erstversorgungszentren geliefert." Allerdings sind die Vorräte in der Region bereits erschöpft. Jetzt geht es darum, weitere Güter in das Gebiet zu bekommen.

Zeit gibt es allerdings keine: "Das Fenster, in dem man realistischerweise davon ausgehen kann, dass Überlebende geborgen werden können, schließt sich leider sehr rasch", betonte Bachmann. "Es ist sehr kalt, es regnet beziehungsweise schneit." Die Zahl der Überlebenden, die man noch bergen könne, werde schnell kleiner.

Sorge um Trinkwasser

Sorge macht vor allem auch die Versorgung mit Trinkwasser. Der MSF-Experte wies darauf hin, dass es in Syrien im vergangenen Jahr eine Cholera-Epidemie gegeben habe und auch jetzt im Gefolge der Erdbeben Epidemien zu befürchten seien. Verletzte hätten nicht zuletzt auch eine hohe Infektionsgefahr, weil viele offene Wunden haben. Bachmann rechnete in weiterer Folge mit einer hohen Zahl an Sepsis-Patienten.

Der Experte betonte, dass sich der Bedarf an Hilfsgütern je nach örtlichen Gegebenheiten und Phasen der Katastrophenhilfe ändert. "Wir müssen bedarfsgerecht arbeiten und die Hilfe laufend an die Bedürfnisse anpassen können", erläuterte Bachmann. Der Bedarf sei jedenfalls riesengroß, "wir brauchen Spenden, also Geldzuwendungen appellierte Bachmann.

Spenden

CaritasÖsterreich
IBAN: AT23 2011 1000 0123 4560
BIC: GIBAATWWXXX
Kennwort: Erdbeben Syrien und Türkei www.caritas.at/erdbeben-syrien-tuerkei

Österreichisches Rotes Kreuz
IBAN: AT57 2011 1400 1440 0144
BIC: GIBAATWWXXX;
Kennwort: Katastrophenhilfe
oder online unter www.roteskreuz.at/erdbebenhilfe

DiakonieKatastrophenhilfe
IBAN: AT85 2011 1287 1196 6333
BIC: GIBAATWWXXX
Spenden-Kennwort: Erdbeben-Nothilfe Syrien Online Spenden: http://diakonie.at/erdbeben-hilfe-syrien

ÄrzteohneGrenzen
Online unter www.aerzte-ohne-grenzen.at

WorldVision Österreich - Katastrophenhilfe: IBAN: AT22 2011 1800 8008 1800

Jugend Eine Welt

IBAN: AT66 3600 0000 0002 4000

oder online unter: https://www.jugendeinewelt.at/spenden-ist-helfen/jetzt-spenden/

ArbeiterSamariterbundÖsterreichs
https://www.samariterbund.net/spende-katastrophenhilfe
Spendenkonto: Arbeiter-Samariter-Bund Österreichs:
IBAN: AT04 1200 0513 8891 4144
BIC: BKAUATWW
Kennwort: Türkei/Syrien

CARE Österreich
IBAN AT77 6000 0000 0123 6000
oder online unter www.care.at

(APA/Ag.)

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