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Kahlschlag am deutschen Magazinmarkt: Gruner + Jahr streicht hunderte Stellen

21 09 2017 Hamburg Am Baumwall Hansestadt Hamburg Hamburg Verlagsgebaeude Verlag Gruner+Jahr
21 09 2017 Hamburg Am Baumwall Hansestadt Hamburg Hamburg Verlagsgebaeude Verlag Gruner+Jahrimago/Steinach
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Zeitschriften von „GEO Wissen“ bis „Brigitte Woman“ und „Eltern“ stehen vor dem Aus: RTL stellt einige Titel des Hamburger Traditionsverlags Gruner + Jahr ein – und baut 700 Stellen ab.

Die gute Nachricht für Freunde des deutschen Magazinangebots zuerst: Die Flaggschiffe des Hamburger Traditionsverlags Gruner + Jahr, der im August 2021 von RTL Deutschland gekauft wurde, bleiben erhalten. Das steht nun fest, nachdem das Medienunternehmen seine Neu-Ausrichtung geplant hat. Magazine wie „Stern“, „Brigitte“, „Geo“, „GEOlino“, „Gala“ und „Schöner Wohnen“ wird man also auch weiterhin im Zeitschriftenregal finden. Insgesamt sind es 13 Marken, die nach Unternehmensangaben etwa 70 Prozent des Umsatzes ausmachen.

Viele weitere Titel – insgesamt 23 – werden allerdings eingestellt, dazu zählen auch die vielen Ableger der Kernmarken: Von „Geo Wissen“ bis „Geo Epoche“, von „Brigitte Leben!“ bis „Brigitte Mom“. Außerdem Barbara Schönebergers Magazin „Barbara“ und die beiden Titel „Chefkoch“ und „Eltern“, die rein digital fortgeführt werden sollen. Eine lange Liste weiterer Magazin will RTL zudem verkaufen, darunter „Essen und Trinken“, „Living at Home“, „Business Punk“ und das Kunstmagazin „Art“.

„Vor dem Hintergrund der sich rasch verändernden Medienlandschaft und der herausfordernden gesamtwirtschaftlichen Lage“ habe RTL sein Magazingeschäft eingehend überprüft. „Wir haben entschieden, uns auf die Kernmarken zu konzentrieren und sie mit Investitionen von etwa 80 Millionen Euro bis 2025 weiterzuentwickeln“, sagt RTL-Chef Thomas Rabe, der am Dienstag die Belegschaft in Hamburg über seine Pläne informierte.

Das Geld entfalle "insbesondere auf digitale Bezahlinhalte sowie digitale Dienstleistungen", vor allem beim "Stern" (30 Mio. Euro). Weitere 30 Mio. Euro verteilen sich auf die übrigen Kernmarken. Die restlichen 20 Mio. Euro seien für "neue Räumlichkeiten" vorgesehen.

700 Stellen in Hamburg, 300 in Köln

Für den dortigen Medienstandort sind die Folgen enorm: 500 Vollzeitstellen werden gestrichen - „bis Ende 2025 schrittweise" -, 200 weitere Job sollen durch Verkäufe an neue Eigner übergehen. Damit sind mehr als ein Drittel der 1900 Arbeitsplätze im Zeitschriftensegment betroffen. Bei den verbleibenden Magazinen sind Umstrukturierungen geplant: „Stern“, „Geo“, „Capital“ und „Stern Crime“ wandern wegen redaktioneller Synergien zu „RTL News“, die übrigen firmieren weiter unter „Gruner + Jahr“ und sollen mit dem Fernsehsender nur punktuell zusammen arbeiten.

Auch beim Standort des Fernsehsenders in Köln sollen in den kommenden Jahren 300 Stellen abgebaut werden - allerdings ohne Kündigungen: "Wir sind zuversichtlich, dass dies durch Alternativen wie Fluktuation und Altersteilzeit gelingt“, sagte RTL-Sprecher zum Evangelischen Pressedienst.

Gewerkschaft und Leser protestieren

Einen „Ausverkauf“ des 1965 gegründeten Verlags, der jahrzehntelang zu den mächtigsten Medienhäusern in Europa zählte, befürchteten Mitarbeiter bereits seit der Zusammenlegung mit RTL. Scharfe Kritik kam nun von der Gewerkschaft Verdi: „Aus Unfähigkeit, ein profitables und europaweit beachtetes Zeitschriften-Haus in die digitale Transformation zu führen, zerschlägt Bertelsmann (der Mehrheitseigentümer, Anm.) nun den Magazin-Verlag RTL.“ Betroffen seien vom Stellenabbau mehr als 700 Personen, weil viele Mitarbeiter in Teilzeit für den Verlag arbeiten.

Der Deutsche Journalisten-Verband kritisierte einen "verheerenden Aderlass für den renommierten Medienstandort Hamburg". Ein Protest gegen den Magazin-Kahlschlag erhob sich am Dienstag auch online: Unter #GeoEpocheMussBleiben forderten tausende Nutzer auf Twitter einen Verbleib des Geschichtsmagazins.

(kanu/APA/dpa)

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