Ukraine

Pistorius in Kiew: Ukraine erhält mehr als 100 Leopard-1-Panzer

Mehrere Leopard-1-Kampfpanzer stehen auf dem Werksgelände der Flensburger Fahrzeugbau Gesellschaft (FFG).
Mehrere Leopard-1-Kampfpanzer stehen auf dem Werksgelände der Flensburger Fahrzeugbau Gesellschaft (FFG). APA/dpa/Axel Heimken
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Der deutsche Verteidigungsminister Pistorius reiste nach Kiew und hat eine gute Botschaft im Gepäck. Bis zu 178 Leopard 1A5 Panzer können in die Ukraine geliefert werden - zumindest 100 in den nächsten zwölf Monaten.

Die Ukraine soll von einer Gruppe mehrerer europäischer Länder mehr als 100 Kampfpanzer des älteren Typs Leopard 1A5 erhalten. Das gab der neue deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) am Dienstag bei seinem ersten Besuch in Kiew bekannt. Bis zum ersten oder zweiten Quartal 2024 sollten mindestens drei Bataillone der Ukrainer mit solchen Panzern ausgestattet werden. Die deutsche Bundesregierung genehmigt unterdessen die Ausfuhr von bis zu 178 Panzern.

Aus welchen europäischen Ländern neben Deutschland die Leopard 1 kommen sollen, sagte Pistorius nicht. Der Besuch von Pistorius in Kiew war die erste große Auslandsreise des vor knapp drei Wochen vereidigten Verteidigungsministers. Aus Sicherheitsgründen wurde der Aufenthalt zunächst geheim gehalten. Neben Präsident Wolodymyr Selenskyj traf Pistorius auch Verteidigungsminister Olexij Resnikow. Russlands Angriffskrieg gegen das Nachbarland dauert inzwischen fast schon ein Jahr.

Lieferungen in Etappen

Pistorius sagte, die Leopard-1-Lieferung werde in Etappen erfolgen. Bis zum Sommer sollten 20 bis 25 Panzer geliefert werden, bis Ende des Jahres bis zu 80. Ziel sei, im Laufe des ersten oder zweiten Quartals 2024 auf mehr als 100 zu kommen. Dies bedeute, dass mindestens drei ukrainische Bataillone einschließlich des zu beschaffenden Materials für Ersatzteile und Munition ausgerüstet werden sollten. Zudem habe man mit der Ausbildung von 600 Feldwebeln begonnen.

Das deutsche Bundeswirtschaftsministerium genehmigte unterdessen die Ausfuhr von bis zu 178 Kampfpanzern des Typs Leopard 1A5 in die Ukraine. "Wie viele Leopard 1A5 Kampfpanzer tatsächlich an die Ukraine geliefert werden, hängt von den erforderlichen Instandsetzungsarbeiten ab", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung des Wirtschafts- und des Verteidigungsministeriums. Die deutsche Bundesregierung hatte vergangene Woche bereits ihre grundsätzliche Zustimmung zu dem Export gegeben.

4800 Exemplare ab 1965 produziert

Das Düsseldorfer Rüstungsunternehmen Rheinmetall kündigte an, noch in diesem Jahr die ersten 20 bis 25 Kampfpanzer vom Typ Leopard 1 in die Ukraine zu schicken. Bis Ende 2024 könnten dann die restlichen der 88 Exemplare ausgeliefert werden, über die Rheinmetall verfüge, sagte Vorstandschef Armin Papperger bei einer Konferenz in Berlin. Neben Rheinmetall hat auch die Flensburger Fahrzeugbau Gesellschaft (FFG) Waffensysteme dieses Typs.

Der Leopard 1 ist der erste Kampfpanzer, der für die Bundeswehr nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut wurde. Von 1965 bis Mitte der 80er Jahre wurden 4700 Exemplare produziert. Die Bundeswehr hat ihre letzten Leopard 1 bereits vor 20 Jahren ausgemustert.

Die deutsche Regierung hatte nach langer Debatte vor zwei Wochen entschieden, der Ukraine auch modernere Leopard-Kampfpanzer zu überlassen sowie Verbündeten solche Lieferungen des in Deutschland entwickelten Waffensystems zu erlauben. Auch Schützenpanzer vom Typ Marder und das Flugabwehrraketensystem Patriot sollen an die Ukraine gehen. Die Ausbildung ukrainischer Soldaten in Deutschland läuft bereits.

Pistorius sagte in Kiew, mit der aktuellen Zusage mehrerer europäischer Länder zur Lieferung der Leopard-1-Panzer verbinde er "den Wunsch und die große Hoffnung, dass auch dieser Beitrag dazu beitragen kann, dass die Ukraine weiter verteidigungsfähig bleibt und dem Angriff standhält". Der Wille des ukrainischen Volkes, die Heimat zu verteidigen, sei ungebrochen. "Dafür zolle ich Ihnen meine größte Bewunderung", sagte der Minister bei einem gemeinsamen Auftritt mit seinem ukrainischen Kollegen Resnikow.

Noch offene Finanzierungsfragen

Offenbar gibt es noch offene Finanzierungsfragen etwa mit der Industrie und Partnerländern. Denn in der Pressemitteilung der Ministerien in Berlin heißt es, "die Finanzierung und Instandsetzung der Panzer sowie die Ausbildung ukrainischer Streitkräfte erfolgt in enger Abstimmung mit europäischen Partnerländern der Bundesrepublik Deutschland". In einem Interview mit dem niederländischen Sender NOS sagte die niederländische Verteidigungsministerin Kasja Ollongen, die Leopard-1-Panzer, die seine Regierung für die Ukraine kaufen wolle, seien "definitiv noch brauchbar" für den Kampf in der Ukraine.

Die Lieferungen der älteren Leopard-Panzer ergänzen die Zusagen, die es auch für neue Typen gibt. So sollen für die Ukraine auch zwei Bataillone aus Leopard-2-Panzern zusammengestellt werden. Nach Kanada hat nun auch Portugal seine Zusage gegeben, Leopard-2-Kampfpanzer an die Ukraine abzugeben. Zuvor hatte es in der deutschen Bundesregierung Unmut gegeben, dass einige EU-Partner zwar ihre grundsätzliche Bereitschaft erklärt hatten, der Ukraine Panzer zu liefern, was sich nach der deutschen Zusage dann aber nicht konkretisiert hatte.

CDU-Chef Friedrich Merz warf der Bundesregierung vor, die Ausbildung ukrainischer Soldaten an den Leopard-Panzern nicht frühzeitig genug vorbereitet zu haben.

Unterstützung „mit allem, was nötig ist"

Es dürfe keinen Zweifel daran geben, dass Deutschland sowie die anderen Partner in Europa und darüber hinaus "auch in Zukunft fest an der Seite der Ukraine stehen werden und wir sie weiter unterstützen werden mit allem, was nötig ist", sagte Pistorius. Bis Ende des Monats erhält die Ukraine nach seinen Angaben zudem weitere Lenkflugkörper, zudem fünf Gepard-Flugabwehrpanzer und weitere fünf Dachs-Pionierpanzer. Fünf Brückenlegepanzer vom Typ Biber würden im März geliefert.

Angesprochen auf ukrainische Forderungen nach Kampfflugzeugen etwa vom Typ Eurofighter oder Tornado sagte Resnikow, man habe nicht über spezielle Namen oder Marken gesprochen. Pistorius betonte, die erste Priorität bestehe im Moment darin, die Leopard-Panzer zu liefern und einzusetzen sowie vor allem die Luftverteidigungsfähigkeit in der Ukraine zu gewährleisten.

(APA/dpa/AFP)

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