Umwelt und Gesundheit

Antibiotika-Resistenzen: Gefahr unterschätzt

Das Risiko, dass sich Resistenzen gegen Medikamnete ausbreiten, ist unterschätzt worden. Die UNEO befürchtet, dass ohne Gegenmaßnahmen 2050 zehn Millionen Menschen vorzeitig sterben, weil Medikamente nicht mehr wirken.
Das Risiko, dass sich Resistenzen gegen Medikamnete ausbreiten, ist unterschätzt worden. Die UNEO befürchtet, dass ohne Gegenmaßnahmen 2050 zehn Millionen Menschen vorzeitig sterben, weil Medikamente nicht mehr wirken.Getty, 8c) Kerstin Warwick
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Im schlimmsten Fall könnten im Jahr 2050 bis zu zehn Millionen Menschen sterben, weil Antibiotika aufgrund von Resistenzen der Krankheitserreger nicht mehr wirken. Resistenzen entstehen, weil zu viele Medikamente in der Landwirtschaft verwendet werden und im Abfall und Abwasser landen.

Thema der Studie, die im Auftrag des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) erstellt und nun veröffentlicht wurde, sind die Ursachen der Resistenzen gegen Wirkstoffe von Medikamenten, insbesondere Antibiotika. Dadurch versagen gerade bei schweren Krankheitsverläufen die Medikamente zusehends. In UNEP-Arbeit wird vermutet, dass – ohne Gegenmaßnahmen – die Zahl der Menschen, die durch die Antibiotika-Resistenzen nicht behandelt werden können und vorzeitig sterben, bei zehn Millionen liegen könnte.

Die Ursachen dafür, dass Krankheitserreger immer häufiger gegen Medikamente immun werden, waren bisher nur teilweise bekannt: In diesem Verdacht standen bisher die zu häufige Anwendung einerseits und der gerade in jüngster Vergangenheit stark zugenommene Einsatz von Medikamenten in den Ställen. Die nunmehrige Arbeit der UN-Umweltorganisation zeigt allerdings, dass auch der Antibiotika-Transport über die Umwelt einen wesentlichen Beitrag liefert, um dieses Risiko zu erhöhen. Medikamente verbreiten sich über Gewässer, Luft und Boden.

Die Autoren der Arbeit sind Wissenschaftler aus Spanien, Großbritannien, USA und Kanada. Sie führen aus, dass Hauptquellen der zusätzlichen Belastung in der pharmazeutischen und chemischen Industrie und im (oft mangelhaften) Abfallmanagement in Spitälern liegen.

Bootcamp für Erreger

Dadurch gelangen nicht nur resistente Mikroorganismen in die Umwelt, sondern auch andere Pharmazeutika, Mikroplastik, Metalle und andere Chemikalien – durch diesen Mix und die Summenwirkung werde die Wahrscheinlichkeit von Resistenzen erhöht. Abflüsse von Feldern und Weiden erhöhen dieses Risiko ebenso wie ein Mix aus Antibiotika, Antiviral-Mitteln, Fungizide und Desinfektionsmittel. All das schafft ein Milieu, in dem Krankheitserreger ihre Abwehrkräfte gegen Medikamente gewissermaßen „trainieren" können.

Die Forschungen über den Umwelteinfluss bei der Bildung von Resistenzen stehen am Anfang. Klar ist bisher nur, dass die Belastung über die genannten Umweltpfade bisher kaum Beachtung gefunden hat und unterschätzt wird. Die detaillierte Bedeutung lasse sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht seriös beurteilen, heißt es. Um weitere Erkenntnisse zu erlangen, stehen für die Wissenschaftler Tierhaltung, Aquakulturen, Futterpflanzen, das Futter, aber auch Textilien, Zierpflanzen und Bio-Treibstoffe im Fokus ihrer weiteren Arbeit.

Auch wenn die konkrete Dimension der zusätzlichen Belastung noch in Schwebe ist, so wisse man genug, so heißt es, dass man Gegenmaßnahmen setzen kann. Die fassen die Experten im sogenannten „One Health“-Ansatz zusammen: Was für die Gesundheit des Menschen gut ist, das tut auch Tieren, den Pflanzen und auch der Umwelt gut - und auch den Bemühungen, Maßnahmen gegen die Klimakrise zu ergreifen und die Treibhausgase zu senken. Die Quellen des Problems seien ebenfalls zu beachten wie die Senken und der Abfall.

Die Studie ruft dazu auf, dass die entscheidenden Verschmutzung – Abwasser, Abfall, das lückenhafte Gesundheits-Versorgungsystem, die pharmazeutische Produktion, die intensive Landwirtschaft (die auch ein wesentlicher Verursacher von Treibhausgasen ist) – gezielt verringert werde. Die Wissenschaftler empfehlen unter anderem, dass

  • es zuverlässige Vorgaben durch den Gesetzgeber geben müsse,
  • das Wassermanagement verbessert werde,
  • in die nationalen Aktionspläne gegen die Ausbreitung von Resistenzen die Umwelt berücksichtigt und ein ganzheitlicher Ansatz gewählt werde,
  • Förderungen und staatliche Finanzierungen seien darauf auszurichten, dass die Vermeidung der Verbreitung von Antibiotika-Resistenzen aktiv unterstützt wird.

Zusammenfassed meinen die Studienautorinnne und -autoren: „Vorbeugung steht im Zentrum und die Umwelt ist ein Teil der Lösung.“

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