Diplomaten-Streit

Streit über milliardenschwere Wasserstoffpipeline in Europa

Archivbild vom Spanien-Frankreich Gipfel am 23. Jänner - mit den beiden Premierministern Pedro Sanchez und Emmanuel Macron.
Archivbild vom Spanien-Frankreich Gipfel am 23. Jänner - mit den beiden Premierministern Pedro Sanchez und Emmanuel Macron.REUTERS
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Paris soll über mangelnde Unterstützung aus Berlin und Madrid erbost sein. Frankreich will die Nutzung von durch Kernkraft hergestellten Wasserstoff in der EU-Gesetzgebung als "grün" kennzeichnen.

Zwischen Frankreich, Deutschland und Spanien gibt es Diplomaten zufolge neuen Streit über Atomkraft. Paris sei erbost über mangelnde Unterstützung aus Berlin und Madrid für sein Vorhaben, unter Nutzung von Kernkraft produzierten Wasserstoff in der EU-Gesetzgebung als "grün" zu kennzeichnen, hieß es am Mittwoch.

Der Streit könne auch eine milliardenschwere Wasserstoffpipeline von der iberischen Halbinsel über Frankreich nach Mitteleuropa blockieren und die europäische Gesetzgebung zu grüner Energie verzögern. Der Disput könne auf dem EU-Gipfel am Donnerstag offen ausbrechen.

Frankreich wirft Spanien und Deutschland Diplomaten zufolge vor, in Barcelona und Paris gemachte Zusage gebrochen zu haben, "kohlenstoffarme Energie" als sauber zu betrachten. Dies gilt als Umschreibung für Atomkraft. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte im Oktober dem Bau einer Wasserstoffpipeline zwischen Barcelona und Marseille zugestimmt, das Vorhaben war dann im Jänner in Barcelona formalisiert worden. Deutschland wurde nach einem Gipfel in Paris in das Projekt aufgenommen, da es Wasserstoff von der Iberischen Halbinsel und weiter südlich importieren will, um von russischem Gas unabhängig zu werden.

Zwischen rotem und grünem Wasserstoff

Frankreich setzt bei der Stromerzeugung seit langem auf Atomkraft. Entsprechend möchte die Regierung, dass Wasserstoff, der mit Hilfe von Kernkraft hergestellt wird ("roter Wasserstoff"), in die neuen EU-Ziele für erneuerbare Energien einbezogen wird. Derzeit geht es dabei um "grünen Wasserstoff", der mit Strom aus erneuerbaren Quellen hergestellt wird.

Nach französischen Angaben war Macrons Zustimmung für das so genannte H2Med- oder BarMar-Pipeline-Projekt die Gegenleistung für spanische und deutsche Zusagen zu "rotem Wasserstoff". Regierungsbeamte in Madrid sprachen von einem "Missverständnis". Man sei bereit, bei anderen Gesetzen wie der Gasmarktrichtlinie flexibel zu sein, nicht aber bei erneuerbaren Energien. "'Roter Wasserstoff' kann nicht erneuerbar sein, weil Kernkraft keine Energie ist, die als solche betrachtet werden kann. Das ist unmöglich", hieß es aus dem Umfeld der spanischen Regierung. Ein deutscher Regierungsbeamter sagte, er bezweifle, dass es jemals eine formelle Zusage gegeben habe, im Gegenzug für die Pipeline "roten Wasserstoff" als "grün" zu akzeptieren. "Vielleicht war das französische Kalkül, dass es die Partner leichter akzeptieren würden, aber das ist eine andere Sache."

Macron werde das Thema auf dem EU-Gipfel am Donnerstag ansprechen, sagten zwei europäische Beamte. Als Vergeltung könne er mit einer Blockade der Pipeline drohen. Es sei klar, dass Frankreich dafür nur grünes Licht gebe, wenn es die Röhren auch mit "roten Wasserstoff" nutzen könne, sagte ein Diplomat aus Südeuropa. Mehrere EU-Beamte äußerten die Sorge, der Streit könne auf andere politische Projekte übergreifen, etwa die Überarbeitung der Vorgaben für den Gasmarkt "RED-3".

(APA/dpa)

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