Allrounder-Eltern

Vaterrolle gleicht sich immer mehr der Mutterrolle an

Die Vaterrolle ändert sich, der Trend geht weg vom Ernährer hin zu Spielkamerad.
Die Vaterrolle ändert sich, der Trend geht weg vom Ernährer hin zu Spielkamerad. (c) Getty Images (Sean Gallup)
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Klassische Rollenbilder sind passé, Mütter wie Väter sollen als „Allrounder“ fungieren. Emotionale Werte stehen dabei über monetären, solange es die finanzielle Lage zulässt.

Die Rolle der Väter hat in den vergangenen Jahren immer mehr für Diskussionsstoff gesorgt, in sozialen Medien wie auch in linearen. Wissenschaftlich wurde sie allerdings kaum beleuchtet. Eine Lücke, der sich Kim Bräuer von der TU Braunschweig und Kai Marquardsen von der Fachhochschule Kiel mit ihrem Team angenommen hat, in ihrer Studie „VAPRO - You don't need to be Superheroes“.

2200 Väter wurden dafür online, 55 in persönlichen Interviews befragt. Neben biologischen und rechtlichen Vätern wurden auch Pflegeväter und Väter in Co-Parenting-Konstellationen miteingebunden. Zudem wurde auch die (Eigen-)Darstellung von Vätern in sozialen Medien analysiert. Und tatsächlich: Das Bild vom Vater als abwesender Ernährer bröckelt.

Emotionale Werte als Priorität

So wollen Väter ihre Kinder heutzutage „empathisch und verständnisvoll erziehen“, außerdem mehr als nur am Wochenende für sie da sein. So das zentrale Ergebnis der deutschen Studie. Das Ideal des emotionalen Vaters scheint weit verbreitet, für rund sechzig Prozent der Väter ist es besonders wichtig, ihrem Kind Zuneigung zu zeigen. Ein Trend hin zur aktiveren Vaterschaft sei jedenfalls klar erkennbar, so das Forschungsteam.

Engagiert zeigen sich Väter vor allem durch das Spielen mit den Sprösslingen, deutlich seltener übernehmen sie hingegen regelrechte Erziehungsmaßnahmen. Nur noch Ernährer möchte dagegen kaum jemand sein. Nur rund zwölf Prozent der Väter sehen das Bieten von finanzieller Sicherheit als ihre wichtigste Aufgabe, soziale und emotionale Werte stünden klar über den monetären, so Marquardsen in einer Pressemitteilung.

Kritik am eigenen Vater

Viele befragte Väter kritisierten auch die eigenen Väter als „zu bestimmend“, „abwesend“ und „mit der Arbeit zu beschäftigt“. Sie würden nicht selten als Negativbeispiel genutzt, man wolle bewusst anders handeln. Dennoch arbeiten 85 Prozent der Väter wöchentlich 40 Stunden (oder mehr), während fast drei Viertel der anderen Elternteile gar nicht oder maximal 30 Stunde pro Woche arbeiten.

Der positiven Eigenwahrnehmung tut das keinen Abbruch. So nimmt jeder zweite Vater an, dass er sich genauso viel um familiäre Angelegenheit kümmere, wie der jeweils andere Elternteil. Jeder zehnte übernimmt den Großteil, etwa jene, die ihre Erwerbstätigkeit an den Nagel hängen oder zumindest zurückschrauben, um mehr Zeit für Familie und Kinder zu haben.

Streben nach dem Ideal

Die Ergebnisse der Studie zeigen auch, dass einige Väter ihren eigenen Vorstellungen vom Vatersein nicht gerecht werden. Ein Problem, vor dem auch Mütter seit langem stehen. „Hier zeigen sich Parallelen zur Mutter als Allrounderin, die im Job erfolgreich sein muss und gleichzeitig liebevoll die Kinder und ihre Verwandten umsorgt“, wird Studienautorin Bräuer in der Mitteilung zitiert. 

Von klassischen Rollen wendet man sich zunehmend ab. „Der Trend geht hin zu einem ‚Alle-erfüllen-alle-Rollen‘ und dieses möglichst perfekt.“ Väter würden so einen Work-Family-Konflikt erleben. Auch scheint es darum zu gehen, sich im Freundeskreis, in Vereinen oder bei der Versorgung der eigenen Eltern zu engagieren, um den Kindern soziale Werte vorleben zu können.

Forschungsbedarf bei Vätern in Armut

Auf Social Media findet sich vorrangig das Bild des weißen, aktiven Vaters. Vaterschaft in Armut oder mit Migrationserfahrung sind kaum Thema, auch nicht unter Hashtags wie #ichbinarmutsbetroffen. Es sei auch innerhalb der Studie schwierig gewesen, Kontakt zu Betroffenen herzustellen, sie würden besonders unter dem Druck gesellschaftlicher Normvorstellungen stehen, so Studienautor Marquardsen.

Es gäbe auch unter Vätern in Armutslagen eine Vielfalt im Erleben von Vaterschaft, „aber im Unterschied zu anderen Vätern ist für sie vor allem die materielle Versorgung der Familie wichtigeres Thema. In unseren Interviews wurde deutlich, dass für sie insbesondere Herausforderungen auf materieller Ebene eine Rolle spielen, die bei Vätern in gesicherten Verhältnissen kein Thema waren.“ Hierzu herrsche ein dringlicher Forschungsbedarf.

Das Forschungsteam empfiehlt, Väter verstärkt in alltägliche Ausgaben miteinzubeziehen. „Es wäre denkbar, Väter aktiv als Elternsprecher anzufragen, Väterschwimmkurse anzubieten oder sie aktiv zum Beispiel in Elternchats anzusprechen.“ Unterstützung wünscht man sich durch entsprechende familienpolitische Reformen und Angebote der Arbeitgeber-Seite. 

(evdin)

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