Explosionen

Nord-Stream-Sabotage: Russland fordert internationale Ermittlungen

Eines der Bilder aus 2022, das um die Welt gegangen ist - aufgenommen am 27. September vom dänischen Verteidigungsministerium.
Eines der Bilder aus 2022, das um die Welt gegangen ist - aufgenommen am 27. September vom dänischen Verteidigungsministerium.APA/AFP/DANISH DEFENCE/HANDOUT
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US-Journalist Seymour Hersh macht in einem Blogbeitrag die USA für die Sabotage der Gas-Pipelines verantwortlich. Die USA sprechen von „Fiktion“. Russland fordert, US-Präsident Biden „zur Rechenschaft“ zu ziehen.

Russland will den Bericht eines US-Journalisten zur Grundlage für internationale Ermittlungen zu den Explosionen an den Ostsee-Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 machen. Der Blogeintrag des Journalisten Seymour Hersh, wonach die USA hinter den Explosionen stünden, sollte Basis für Untersuchungen werden, sagte der Vorsitzende der russischen Staatsduma, Wjatscheslaw Wolodin, am Donnerstag.

"US-Präsident Joe Biden und seine Komplizen sollen zur Rechenschaft gezogen werden", sagte Wolodin. Auf seinem Telegram-Kanal ging Wolodin noch weiter und bezeichnete den US-Präsidenten als Terroristen. "Biden schreibt sich in die Geschichte als Terrorist ein", teilte der Duma-Vorsitzende am Donnerstag mit.

"Wenn (US-Präsident Harry) Truman zum Verbrecher wurde, indem er Atomwaffen gegen die Zivilbevölkerung in Hiroshima und Nagasaki einsetzte, so ist Biden zum Terroristen geworden, der den Befehl zur Zerstörung der Energie-Infrastruktur seiner strategischen Partner Deutschland, Frankreich und Niederlande gegeben hat", so der Vorsitzende des russischen Parlaments. Die Bombardierung der ukrainischen Energie-Infrastruktur durch Russland als Teil des russischen Angriffskriegs hatte Wolodin zuvor gerechtfertigt.

Russland sieht USA als Urheber der Sabotage

Die russische Führung steht selbst im Verdacht, hinter den Explosionen zu stehen, die die von Russland nach Deutschland führenden Pipelines Ende September schwer beschädigt hatten. Moskau wiederum hatte von Anfang an die These einer Pipeline-Sabotage durch die Vereinigten Staaten vertreten.

Russland hatte Nord Stream 1 zum Zeitpunkt der Explosionen wegen angeblicher technischer Probleme bereits abgeschaltet. Die laut Moskau trotz Beschädigung weiter einsatzfähige Leitung Nord Stream 2 hat bis heute keine Zulassung von deutschen Behörden erhalten. Den Untersuchungen zufolge wurden die Detonationen durch Sabotage hervorgerufen. Bis heute gibt es keinen klaren Beweis für die Urheberschaft.

Das US-Präsidialamt wies am Mittwoch den Blogartikel zurück, wonach US-Marinetaucher die Sprengsätze an den Pipelines in der Ostsee bei einer Nato-Übung im Juni auf Befehl von Biden angebracht und später durch Norwegen unterstützt gesprengt hätten. Die Quellenlage zu Nord Stream ist ungesichert, die USA und Norwegen haben den Bericht scharf zurückgewiesen. "Das ist gänzlich falsch und reine Fiktion", sagte eine Sprecherin des Sicherheitsrats im Weißen Haus.

Journalistenlegende in Kritik

Der 85-jährige Investigativjournalist Hersh ist ein ehemaliger Reporter der "New York Times" und des Magazins "New Yorker" und hat für seine Arbeit eine Vielzahl von Auszeichnungen gewonnen. Hersh war vor Jahrzehnten durch die Aufdeckung des My-Lai-Massakers in Vietnam durch US-Truppen bekannt, fiel zuletzt aber auch immer wieder mit fragwürdigen Recherchen auf. Er hatte unter Berufung auf nur eine Quelle in seinem Blog erklärt, dass die USA hinter den Sprengungen stünden.

Der frühere Leiter der Russland-Operationen des US-Geheimdienstes CIA wies Hershs Darstellung entschieden zurück. "Das ist einfach traurig. Ich werde nicht einmal meine Zeit damit verschwenden, das zu lesen", wird John Sipher vom deutschen Nachrichtenportal t-online zitiert. Hersh habe durchaus seine Verdienste, aber: "In den vergangenen Jahren beschäftigte er sich zunehmend mit Verschwörungen und Unsinn." Für ihn sei es unvorstellbar, "dass eine so lächerliche Idee ihren Weg durch die Bürokratie und Aufsicht finden könnte. Das ergibt auf keiner Ebene Sinn und ist niemandes Zeit wert." In Moskau wird der Bericht in Medien und Politik jedoch breit diskutiert.

(Reuters/APA/AFP)

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