Auslandsreise

Selenskij fordert Kampfjets und schwört EU auf "historischen Kampf" gegen Russland ein

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij und EU-Ratspräsident Charles Michel beim EU-Gipfel in Brüssel.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij und EU-Ratspräsident Charles Michel beim EU-Gipfel in Brüssel.APA/AFP/LUDOVIC MARIN
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Der ukrainische Präsident Selenskij bedankt sich für die Hilfe der EU-Bürger - und wirft Russland vor, die europäisch-russische Lebensweise anzugreifen. Die EU-Parlamentspräsidentin sieht Kampfjetlieferungen an die Ukraine positiv.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij hat seinen ersten persönlichen Auftritt bei einem EU-Gipfel in Brüssel zu einem erneuten Appell zu mehr Waffenlieferungen genutzt. Er habe gehört, dass man der Ukraine Waffen zukommen lasse, "auch die entsprechenden Flugzeuge", sagte Selenskij nach Beratungen beim EU-Gipfel am Donnerstag in Brüssel. Er werde nun bilaterale Gespräche führen und auch das Thema Kampfjets ansprechen.

Sein Besuch in London habe zu Ergebnissen geführt, sagte Selenskij. Die Ausbildung von Piloten sei ein wichtiger Schritt, um Kampfjets zu bekommen. Es gebe zudem positive Einigungen, die nicht öffentlich kommuniziert würden, um Russland nicht zu informieren.

Die Ukraine brauche "wirklich Munition, moderne Panzer, Langstreckenraketen und Kampfflugzeuge", sagte Selenskij zuvor am Donnerstag in seiner Rede vor den Gipfelteilnehmern. "Wir müssen schneller sein als der Angreifer", ermahnte er die Mitgliedstaaten.

"Diese Geschichte kann sich in anderen Orten Europas wiederholen", sagte Selenskij. Russland habe ein ganzes Arsenal an Angriffsmöglichkeiten, erklärte er und verwies auch auf Cyber-Angriffe und gezielte Falschinformationen.

Dankbar, „dass die EU an unserer Seite steht"

Selenskij rief die EU-Staats- und Regierungschefs zu weiteren Sanktionen gegen Russland auf. Insbesondere Sanktionen gegen die Raketenindustrie, den Drohnen- sowie den IT-Sektor müssten umgesetzt werden, sagte der ukrainische Präsident. Vom Gipfel zeigte er sich ermutigt und dankbar, "dass die EU an unserer Seite steht". "Die Ukraine wird Mitglied der Europäischen Union werden", sagte Selenskij.

Wenn die Staats- und Regierungschefs der Ukraine "langfristige Sicherheit gewährleisten können, kann ich ihnen versichern, dass Ihre Namen in die Geschichte eingehen werden, zusammen mit denen von Robert Schuman und Jean Monnet", sagte er in Anspielung auf die Gründerväter der EU.

Während des vergangenen Jahres sei Europa stärker geworden, sagte der ukrainische Präsident, der sich erneut ausgiebig für alle bereits erhaltene Unterstützung bedankte. "Danke für die militärische Unterstützung, die Sie bereits liefern, und danke, dass Sie noch mehr tun werden", sagte er.

Warnung vor russischer Einmischung in Moldau

Es gebe einen detaillierten russischen Plan zur Störung der politischen Situation in Moldau, sagte Selenskij weiters. Der ukrainische Geheimdienst habe entsprechende Informationen abgefangen. Das russische Dokument zeige, wer wann und wie in Moldau die demokratische Ordnung zerschlagen und die Kontrolle über das Land errichten wolle.

Über diese Informationen habe er vor kurzem mit der Präsidentin von Moldau, Maia Sandu, gesprochen. Er sagte auch, die Ukraine wisse nicht, ob Moskau tatsächlich den Befehl gegeben habe, die Pläne umzusetzen. Aber es habe auch einen ähnlichen Plan gegen die Ukraine gegeben.

Fortschritte im Beitrittsprozess

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen attestiert der Ukraine indes "beeindruckende" Fortschritte auf dem Weg zur europäischen Integration. "Es gibt keinen starren Zeitplan, es ist ein leistungsabhängiger Prozess", sagt von der Leyen auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Selenskij und EU-Ratspräsident Charles Michel. Die EU-Kommission arbeite sehr eng mit der ukrainischen Regierung zusammen, so von der Leyen. Das große Ziel sei es, die Fortschritte der Ukraine für den im Herbst anstehenden Erweiterungsbericht aufzuzeigen. Die Ukraine hatte von der EU im Juni den Status als Beitrittskandidat erhalten.

Michel plädierte für eine Fortsetzung der maximalen Unterstützung der Ukraine. "Wir wissen, dass die kommenden Wochen und Monate von entscheidender Bedeutung sein werden", sagte er. "Wir müssen die Augen offenhalten, wir müssen weiter das maximale Niveau von Unterstützung zur Verfügung stellen." Selenskij habe der EU genau gesagt, was aktuell benötigt werde: "Artillerie, Munition, Verteidigungssysteme...", betonte der EU-Ratspräsident.

Selenskijs Teilnahme an dem Gipfel rund zwei Wochen vor dem Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine am 24. Februar soll ein Symbol der Einheit Europas gegenüber Russland sein. Am Mittwoch hatte Selenskij sowohl in London als auch in Paris für eine Lieferung von Kampfjets und eine schnelle EU-Mitgliedschaft geworben.

Waffenproduktion ankurbeln?

Zum Auftakt des EU-Gipfels versicherte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz, dass Deutschland sich für eine schnelle Lieferung von Kampfpanzern in die Ukraine einsetzen werde. Estlands Ministerpräsidentin Kaja Kallas forderte eine schnellere und umfassendere Waffenproduktion zur Unterstützung der Ukraine. Sie schlug vor, dass ein ähnlicher Mechanismus wie bei der Impfstoffbeschaffung während der Corona-Pandemie angewendet werden sollte. Bei der Impfstoffbeschaffung hatten die EU-Länder Geld zur Verfügung gestellt und die EU-Kommission im Namen der Mitgliedstaaten Impfstoff beschafft.

(APA/dpa/AFP/Reuters)

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