Morgenglosse

Die Gastronomie hat ihre eigene Inflationsrate

APA/dpa/Felix Kästle
  • Drucken
  • Kommentieren

Zum Teil deutlich überdurchschnittliche Preiserhöhungen: Beim „Wirtn“ geht es bisweilen recht dreist zu.

Die Bindung des gemeinen Österreichers zur Gastronomie ist eine besonders innige. Wir sind ja bekanntlich ein durchaus leutseliges Volk, sind einem Glaserl Wein nicht abgeneigt, guter Hausmannskost schon gar nicht. Und all das lässt sich halt bevorzugt „beim Wirtn“ ausleben.

Man kann also auch durchaus von einer gewissen emotionalen Bindung sprechen. Als uns die Pandemie heimsuchte, zahlreiche Lockdowns inklusive, war folgerichtig das Wehgeschrei entsprechend laut: von „den Wirtn“, von den Gästen gleichermaßen. Steuernachlässe wurden  allerseits dankbar angenommen, die Gutschein-Aktion der Stadt Wien 2021 als große Unterstützungserklärung für die leidgeplagte Gastronomie ebenso. Das „Geschenk der Stadt Wien“ war zwar genau genommen eine milde Gabe der Wienerinnen und Wiener, aber da wollte niemand kleinlich sein. Man muss ja auch hin und wieder in eine gute Beziehung investieren, nicht wahr.

Die gute Beziehung ist allerdings, man muss es einmal laut sagen, über die Jahre ein wenig einseitig geworden. Genau genommen hat es dafür schon bei der Umstellung vom Schilling auf den Euro erste Anzeichen gegeben: Da wurde munter „aufgerundet“- laut Statistik haben sich die Preise in der österreichischen Gastronomie seitdem um sagenhafte 95 Prozent erhöht. Wem das zu abstrakt ist: Heute kostet ein einfacher Espresso im Kaffeehaus umgerechnet gut und gerne 55 Schilling. Zu guten alten Schillingzeiten wäre das schlicht undenkbar gewesen.

Früher und heute

Aber genug der Reminiszenzen, zurück ins Hier und Jetzt: Die Preiserhöhungen, die wir dank der Inflation gerade in der Gastronomie erleben, sind mindestens so abenteuerlich. Teilweise wurden Verteuerungen einzelner Speisen um 50 Prozent registriert, die offizielle Statistik spricht von einem Plus von knapp 13 Prozent im Dezember. Was immer noch recht ansehnlich über der allgemeinen Inflationsrate von 10,2 Prozent liegt.

Man muss kein großer Kaffeesudleser sein, um zu wissen: Das Wehklagen der Gastronomie über ausbleibende Gäste wird demnächst einsetzen. Spannend wird dann, ob Geschenken durch die öffentliche Hand wieder allgemein applaudiert wird.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.