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Bitcoin & Blockchain

Wozu brauchen wir digitales Zentralbanken-Geld?

Nigeria hat bereits eine digitale Zentralbankwährung eingeführt. Großbritannien will es tun, und auch die EZB denkt daran. Das wirft die Frage auf, was das Ganze eigentlich soll.

Wenn jemand Geld auf dem Konto hat, dann gehört dieses nicht dem Inhaber, wie viele glauben, sondern der Bank. Kontoinhaber haben allerdings einen Rückzahlungsanspruch. Die Bank muss ihnen das Geld auszahlen, wenn sie das wollen. Sofern die Bank dazu in der Lage ist. Falls nicht, kann man aus dem Topf der Einlagensicherung entschädigt werden, wenn das Guthaben 100.000 Euro nicht übersteigt. Bargeld hingegen gehört dem Inhaber, hat allerdings auch Nachteile: Es kann gestohlen werden, und man muss vor Ort sein, um damit zu bezahlen.

Warum also nicht die Vorteile beider Geldarten verbinden, indem man digitales Zentralbankgeld einführt: Man hätte eine Art Konto direkt bei der Zentralbank, bräuchte sich um Bankenpleiten keine Sorgen machen und könnte digital und ohne Währungsrisiko bezahlen, wenn auch nicht so anonym wie mit Bargeld.

Niemand will den eNaira

In Nigeria hielt sich die Begeisterung dennoch in Grenzen, als die dortige Zentralbank vor eineinhalb Jahren eine digitale Währung namens „eNaira“ einführte. Nicht einmal jeder 200. Bürger nutzte dieses Zahlungsmittel. Deswegen setzte die Regierung nun auf indirekten Zwang und begrenzte Bargeldabhebungen mit 45 Dollar pro Tag. Wer mehr wollte, musste eine hohe Gebühr zahlen oder eben auf den eNaira umsteigen. Alte Geldscheine werden zudem wertlos: Wer noch welche hat, muss sie auf ein Konto einzahlen und kann dann am Bankomaten – gedeckelt – neue beheben. Oder mit eNaira zahlen. Die Folge sind lange Schlangen vor Bankomaten und aufgebrachte Kunden.

Nur auf den ersten Blick verwundert es, dass so wenige Menschen in Nigeria eine Alternative in dem eNaira sehen. Denn an mangelnder Digitalaffinität dürfte es nicht liegen: Der Anteil der Bitcoin-Nutzer ist in Nigeria so hoch wie in fast keinem Land der Welt. 45 Prozent nutzen dort laut Statista-Daten Kryptowährungen. Auch wenn diese Zahl übertrieben scheint, dürfte sich Bitcoin jedenfalls größeren Zuspruchs erfreuen als der eNaira. Der Grund: Die Menschen misstrauen dem Staat und den Banken.

Zuletzt kursierte die Meldung, dass Bitcoin in Nigeria um umgerechnet 60.000 Dollar gehandelt worden sein soll, während es hierzulande knapp 22.000 Dollar kostet. Das dürfte freilich eher mit dem künstlich hochgerechneten Kurs des Naira zu tun haben als mit der hohen Nachfrage nach Bitcoin. Eines hat sich jedenfalls gezeigt: Der eNaira konnte Bitcoin nicht verdrängen.

Das schließt freilich nicht aus, dass sich CBDCs in anderen Ländern größeren Zuspruchs erfreuen könnten. Etwa in China, wo gerade ein digitaler Yuan getestet wird, der gut nachgefragt sein soll. Kritiker meinen freilich, dass die zentralistische Regierung des Landes auf diese Weise die Zahlungen ihrer Bürger leichter überwachen kann. Auch könnten Konten von Regierungskritikern oder von Menschen, die unerwünschtes Verhalten an den Tag legen, rasch eingefroren werden.

Japan hat die Einführung einer digitalen Zentralbankwährung indes wieder verworfen, weil sich das Interesse während einer Testphase in Grenzen gehalten hatte.

Schutz der Privatsphäre?

Dagegen will die Bank of England bis 2030 ein digitales Pfund einführen. Vorläufiger Name: „Britcoin“. Um Kritikern gleich im Vorfeld den Wind aus den Segeln zu nehmen, betonte man, dass das digitale Zentralbankgeld keinesfalls das Bargeld ersetzen solle und zudem auf den Schutz der Privatsphäre geachtet werde. Nur bei einem Verdacht sollen die Behörden Zugang zu Nutzerdaten erhalten.

Das bringt ziemlich genau die Bedenken auf den Punkt, die Kritiker gegenüber CBDCs hegen: Staaten könnten dadurch direkt und sofort die Konten ihrer Bürger einsehen und auch sperren. Derzeit müssen sie dafür den Umweg über die Banken gehen. Sie könnten auch Negativzinsen einführen, was bei Bargeld nur schwer möglich ist. Allerdings könnten sie das nur dann tun, wenn andere Zahlungsmethoden wie Bargeld zurückgedrängt werden, wie das derzeit in Nigeria versucht wird. Denn sonst wäre ja niemand gezwungen, CBDCs zu nutzen. Und wenn die Nachteile überwiegen, werden sie eben ein Flopp.

Wird Bargeld verdrängt?

Doch sind CBDCs wirklich nur eine Alternative, die man nutzen kann oder eben nicht? Am Anfang werde das bestimmt so sein, meint Oliver Völkel von Stadler Völkel Rechtsanwälte, einer auf Krypto-Assets spezialisierten Anwaltskanzlei. Das könnte sich im Laufe der Jahrzehnte aber ändern, wenn eine Generation herangewachsen sei, die mit digitalen Zahlungen aufgewachsen sei und Bargeld kaum noch nachfrage.

Während in der US-Notenbank Fed Uneinigkeit herrscht über die Notwendigkeit einer digitalen Dollar-Version, trägt sich die Europäische Zentralbank (EZB) mit dem Gedanken, einen digitalen Euro einzuführen. Eine endgültige Entscheidung dazu soll noch heuer fallen, bis die digitale Währung dann tatsächlich in Umlauf gebracht wird, könnte es aber noch eine ganze Weile dauern. Ob diese ein Renner wird, ist fraglich, zumal die Höhe, die man in digitalen Euro halten darf, begrenzt werden soll, um den Banken keine Konkurrenz zu machen. Wenn man etwa nur 3000 digitale Euro halten kann, dann eignen sich CBDCs nicht einmal für den Schutz des Vermögens bei Bankpleiten, denn bei so kleinen Summen greift ohnehin die Einlagensicherung.

Doch was verspricht sich die EZB von dem Vorstoß? Das Vertrauen in das Geldsystem könne so gesichert und Neuerungen könnten gefördert werden, sagte EZB-Chefin Christine Lagarde kürzlich. Da die Währung auf einer europäischen Infrastruktur aufsetzen werde, würde Europas strategische Autonomie gestärkt. Derzeit spielten ausländische Technologiekonzerne eine große Rolle beim Zahlungsverkehr. Das berge das Risiko der Marktdominanz und die Gefahr der Abhängigkeit von ausländischer Technologie.

Oliver Völkel sieht im Wetteifer der weltweiten Zentralbanken um digitale Währungen eher den Versuch, einer gefühlten Bedrohung etwas entgegenzusetzen: Geld, das von Bürgern selbst erstellt wurde, Einhalt zu gebieten. Dabei sähen die Zentralbanken weniger in Bitcoin eine Bedrohung als in den so genannten Stable-Coins: digitales Geld, das an den Dollar (oder Euro) gekoppelt ist. Dazu zählen etwa Tether oder USD Coin.

Auf starken Widerstand der weltweiten Politik stieß vor allem die von Facebook geplante Kryptowährung Libra/Diem. Diese sollte an einen Korb von staatlichen Währungen gekoppelt sein. Wegen des heftigen politischen Drucks wurde das Projekt schließlich abgeblasen.

CBDCs nicht dezentral, Bitcoin schon

Um ihre digitalen Währungen attraktiv zu machen, bedienten sich die Staaten der Terminologie aus dem Kryptobereich, sagt Völkel. Doch CBDCs seien das Gegenteil von Bitcoin. Bitcoin ist dezentral, CBDCs nicht. Bitcoin benötigt keine Instanzen, die die Währung verwalten, CBDCs schon.

Die Plattform Blocktrainer kritisiert zudem, dass jede Regierung an ihrem eigenen CBDC-Projekt arbeitet, anstatt sich auf ein gemeinsames Protokoll zu einigen. Das führe zwar dazu, dass die Effizienz von Inlandszahlungen verbessert werden könnte, die Relevanz von internationalen Zahlungen im digitalen Zeitalter einer globalisierten Welt werde hierbei allerdings vernachlässigt.

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