Kritik

Schauspielhaus Graz: Penthesilea in poppiger Raserei

Antikisierendes Outfit für das Grazer Ensemble in einer knallig gestalteten Tragödie.
Antikisierendes Outfit für das Grazer Ensemble in einer knallig gestalteten Tragödie. Schauspiel Graz / Karelly Lamprecht
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Franz-Xaver Mayr hat Kleists Gender-Tragödie mit einem Monolog von Marlene Streeruwitz verwoben. Das ist nicht zwingend, wirkt aber gewitzt und flott.

Seltsame Gestalten in langen hellen Gewändern nahen sich im Schauspielhaus Graz der Rampe. Ihre wallenden Mäntel sind mit ein paar künstlichen Rosenblüten besteckt. Die Darsteller wurden hellgrün geschminkt und ähneln im Profil mythischen Heldengestalten auf antiken Vasen. Ihr Haar ist hochgesteckt wie bei den alten Griechen. Eine aus der Gruppe sticht jedoch hervor, sie wird von den anderen nach vorn geleitet.

Ihr Umhang ist ein Blütenteppich. Ist das Penthesilea, die ambivalente Amazone aus der gleichnamigen Tragödie des Heinrich von Kleist, wie auf dem Programm für die Premiere am Freitag versprochen? Ist das die um gleiche Rechte kämpfende Frau, die sich in Achill verknallt und er in sie, der Superheld der Griechen im Trojanischen Krieg? (Bei Kleist wird der Typ als Erster im letalen Liebeskampf dran glauben müssen.)

Geduld! Erst darf eine modernere Amazone ran: die Erzählerin aus einem Prosatext von Marlene Streeruwitz, „Der Abend nach dem Begräbnis der besten Freundin“. Kaum hat eine aus der Gruppe (Johanna Sophia Baader) „I did it my way“ gesungen, das die anderen stampfend begleiten, legt Beatrix Doderer als einsam starr dastehende Monologisierende mit einer verspäteten Leichenrede los. Ausgerechnet diesen gar nicht passenden Song Frank Sinatras hätten die Verwandten der Verstorbenen für den letzten Gang gewählt! Dann erfährt man von den heimlichen Affären der Verblichenen. Nur die Freundin habe davon gewusst. Sie wirkt in mehreren Minuten atemlosen Stakkato-Klagens verhärmt, als habe diese Zeugin exakt geplanter Abenteuer währenddessen das eigene Leben versäumt. Sarkasmus pur.

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