Digitalisierung

„Digitales Amt muss so einfach sein wie Tinder“

Staatssekretär Florian Tursky (ÖVP) verspricht, dass die meisten Amtswege ab 2024 online und per Computer erfolgen können. Noch heuer soll es einen digitalen Personalausweis geben.

Wien. Es ist im Jahr 2023 ein Ärgernis: Man verliert den Führerschein, muss für eine Verlustanzeige zur Polizei gehen, danach online einen Termin bei der Behörde ausmachen und dann nach Wochen mit allen möglichen Unterlagen aufmarschieren, um einen neuen Führerschein zu erhalten.

In Zeiten, in denen es sogar einen digitalen Führerschein am Handy gibt, doch ein völlig unnötiger behördlicher Hürdenlauf. „Absolut richtig“, antwortet Florian Tursky, Staatssekretär für Digitalisierung, im Gespräch mit der „Presse“. „Das wird es 2024 nicht mehr geben.“

Man muss vorsichtig sein, wenn ein Regierungsmitglied einen maßgeblichen digitalen Fortschritt in der Verwaltung verspricht. Turksys Vorgängerin, Margarete Schramböck, sie noch Ministerin für Wirtschaft und Digitalisierung, hat beispielsweise die Einführung des digitalen Führerscheins für das Frühjahr 2021 versprochen. Geworden ist daraus Herbst 2022.

Staatssekretär Tursky (ÖVP) aber ist zuversichtlich: Bis zum Ende der Legislaturperiode soll der Gang zur Behörde, der klassische Amtsweg also, nur noch optional sein. „Es wird weiterhin direkten Kontakt mit den Bürgern geben, weil wir niemanden ausschließen wollen, der mit der digitalen Welt nicht so vertraut ist.“ Aber grundsätzlich soll vieles, wofür bisher ein persönliches Vorsprechen bei der Behörde notwendig war, künftig online und mit Handysignatur möglich sein.

Was macht man dann mit den ganzen Beamten, die auf einmal viel Zeit haben? „Es wird ihnen nicht langweilig werden, weil es ja weiterhin Bürgerkontakt gibt“, antwortet Tursky. Außerdem gebe es auch in der Beamtenschaft einen Mangel an Mitarbeitern und bald eine große Welle von Pensionsantritten. Da sei jede Digitalisierung willkommen.

Digitale Bestätigung

Ein Beispiel, was online möglich sein soll: Derzeit verlangt beispielsweise das Finanzamt für die weitere Auszahlung der Familienbeihilfe einen Nachweis über den Studienerfolg. Man muss diesen also ausdrucken, im besten Fall wieder einscannen und per E-Mail an die Finanzbehörden schicken (oder gar per Brief).

„Der Bürger fühlt sich zu Recht gefrotzelt, wenn er in so einem Fall einen Amtsweg bestreiten und in Papierform einen Nachweis erbringen muss.“ Künftig soll der Bürger dem Finanzamt diesen Nachweis online per Klick freigeben können. Warum das nicht automatisch passieren kann? „Mir ist die Datenhoheit des Bürgers wichtig“, sagt Tursky. Die Finanzbehörde soll nicht auf alle Daten eines Bürgers Zugriff haben, sondern nur auf jene, die sie benötigt oder die der Bürger zur Bearbeitung eines Anliegens freigibt. Danach soll der Datenzugriff – im konkreten Fall auf den Studienfortschritt bzw. auf Bildungsdaten – wieder gesperrt sein.

„Ich will nicht, dass die Behörde auf Knopfdruck ein digitales Profil eines Bürgers mit allen Daten hat“, betont der Staatssekretär. Finanzbehörden benötigten beispielsweise keinen Zugriff auf Gesundheitsdaten und ein Arzt keinen Zugriff auf Finanzdaten. Zudem sollen alle Datenzugriffe protokolliert werden, damit jeder Bürger sofort sehen kann, wer wann auf Daten zugegriffen hat. Bis es so weit ist, wird aber noch einige Zeit vergehen. Denn die größte Herausforderung sei derzeit, die verschiedenen Daten der verschiedenen Behörden kompatibel zu machen und Verknüpfungen herzustellen.

Geschafft hat man das bei der digitalen Gewerbeanmeldung, die ohne großes Aufheben umgesetzt wurde. Für die Anmeldung eines Gewerbes benötigt man einen Strafregisterauszug. Früher musste man sich diesen von der Gemeinde holen, jetzt gibt es eine automatische Verknüpfung, der Antragsteller muss den Auszug nicht mehr erbringen.

Als Nächstes will Tursky den digitalen Altersnachweis umsetzen. Ein Türsteher eines Nachtclubs sieht dann nur einen QR-Code mit dem Foto, nicht mehr den Namen und das exakte Geburtsdatum. Und auch einen digitalen Personalausweis verspricht Tursky noch für heuer.

Der ist aber eine Fleißaufgabe, weil er außerhalb Österreichs noch nicht anerkannt wird. Er wolle sich aber bemühen, dass der digitale Personalausweis am Handy zumindest in den Nachbarländern das Mitführen eines Reisepasses überflüssig macht, erklärt Tursky.

Einfache Bedienung

Generell müsse das digitale Amt als App am Handy einfach und verständlich sein. „Die Menschen haben Erfahrung, wie Apps funktionieren. Mein Anspruch ist: Das digitale Amt muss am Handy so einfach funktionieren wie Tinder.“

Wie schwer ist es eigentlich, den Beamten die Digitalisierung nahezubringen, die sich ja am Ende damit selbst abschaffen? „Überhaupt nicht“, antwortet Florian Tursky diplomatisch, der bei der Umsetzung seiner Vorhaben auf die freiwillige Mitarbeit der verschiedenen Ressorts angewiesen ist. Durchgriffsrecht hat er keines. Es gebe in vielen Ressorts einen „aktiven Hunger nach Innovation“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2023)

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