Immobilien

Wohnen am Times Square?

Bürotürme leeren sich seit der Pandemie, Wohnraum in New York ist hingegen knapp und sehr teuer.
Bürotürme leeren sich seit der Pandemie, Wohnraum in New York ist hingegen knapp und sehr teuer.Reuters
  • Drucken

Das Home-Office hat die Bürowelt der Post-Covid-Ära nachhaltig verändert. In New York, wo akuter Wohnungsmangel herrscht, sollen Bürotürme zu Wohnraum werden.

New York. Das pulsierende Herz einer Weltmetropole sieht wahrlich anders aus: Wer Anfang 2023 die Third Avenue in Midtown Manhattan herunterspaziert, dem schlägt die Abwesenheit von Geschäftigkeit entgegen. Vor allem hier im Zentrum New Yorks stehen Bürogebäude nach der Corona-Pandemie zu großen Teilen leer. Gleichzeitig ist der Wohnungsmarkt überlastet, und Mieten explodieren.

„Es gibt eine Wohnungskrise – New York City benötigt etwa 500.000 neue Wohneinheiten, um mit der Nachfrage Schritt zu halten“, sagt John Sanchez von der Initiative 5Borough Housing, die mehr erschwingliche Wohnungen in der Ostküstenmetropole erreichen will. „Es gibt wachsende Büroleerstände, und wir glauben, dass es eine Gelegenheit gibt, diese zu Wohnungen zu machen, um die Krise zu bewältigen.“

Die Initiative setzt sich dafür ein, die Gebäude Manhattans zugänglich für New Yorker aller Gesellschaftsschichten zu machen. „Es ist an der Zeit, dass Manhattan seiner Verantwortung gerecht wird, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen“, so Sanchez weiter. Steueranreize für Hausbesitzer und Änderungen von Gesetzen, die Wohnraum in gewissen Teilen von Midtown beschränkten, könnten so zu einer fühlbaren Entspannung der Wohnungssituation in ganz New York führen.

Bürogebäude verlieren an Wert

Wer in New York nicht mehr als 2500 Dollar pro Monat für eine Zwei-Zimmer-Wohnung mit 40Quadratmetern zahlen will, muss lang suchen. Nach Angaben der Immobilienfirma Douglas Elliman betrug die Durchschnittsmiete in Manhattan im Dezember 5243 Dollar (4766 Euro) – 18 Prozent mehr als 2021. Der Nachfrage in der Acht-Millionen-Stadt steht ein zu kleines Angebot gegenüber.

Gleichzeitig hat eine Studie von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Columbia-Universität herausgefunden, dass die zunehmende Arbeit von zu Hause nach Covid-19 den Wert und die Erlöse für Bürogebäude deutlich mindert. Viele Firmen brauchen den irrsinnig teuren Raum nicht mehr und verkleinern ihre Fläche.

Teile von Midtown wie die 3rd Avenue, wo vor allem die eher alten Gebäude von 1950 bis 1980 stehen, haben es doppelt schwer: Firmen wandern in modernere Gebäude ab, viele davon in den neuen Stadtteil Hudson Yards im Westen Manhattans.

Bürgermeister Eric Adams hat deshalb einen ehrgeizigen Plan: „In den kommenden Wochen werden wir die Arbeit mit dem Ziel beginnen, mehr Wohnraum zu schaffen, einschließlich mietgebremster Wohnungen in Midtown Manhattan, wo die derzeitige Einteilung in Zonen nur Produktions- und Büroflächen zulässt“, ließ sein Büro vor wenigen Tagen mitteilen.

20.000 neue Wohnungen könnten so im Herzen New Yorks nahe dem Times Square entstehen. Ein Beispiel für eine solche Veränderung gab es nur wenige Kilometer entfernt: In Downtown Manhattan, an der Südspitze der Halbinsel, wurden nach den Anschlägen vom 11. September viele Büros in Luxuswohnungen umgebaut. Doch in Midtown gibt es neben jahrzehntealten Regularien, die aus dem Weg geräumt werden müssen, und nötigen umfassenden Finanzierungen auch ein logistisches Problem. Anders als in Downtown ist die Umwandlung vieler Bürogebäude dort schwierig: Die Räume sind oft ausladend, Fenster und damit natürliches Licht oft rar – und die Flächen für wohnliche Anforderungen zurechtzuschneiden, ist oft eine Herausforderung.

Trend auch in Europa

Andere Hochhäuser könnten dagegen relativ leicht umgebaut werden und mithilfe der Stadt bald Zehntausenden Menschen ein neues Zuhause bieten. Einer von vielen notwendigen Schritten, um New Yorks Wohnungskrise entgegenzusteuern – und Midtown zu neuem Leben zu verhelfen.

John Sanchez jedenfalls könnte sich vorstellen umzuziehen: Wenn alles so laufe, wie 5 Borough Housing es sich idealerweise vorstelle, werde es bald bezahlbaren Wohnraum mitten im Businesszentrum Amerikas geben. „Und meine Frau und ich würden dann definitiv in Betracht ziehen, nach Midtown zu ziehen“, sagt er.

Dass Betriebe als Reaktion auf vermehrtes Home-Office die Büros verkleinern, ist freilich kein reines US-Phänomen. So reduzieren laut einer Umfrage des „Handelsblatt“ etwa auch viele DAX-Unternehmen ihre Bürofläche. (APA/DPA/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.02.2023)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.