Der Frust über die Wahlwiederholung erschüttert die Hauptstadt. Die sozialdemokratische Bürgermeisterin muss um ihren Job bangen.
Berlin. Sonntag, kurz nach 13 Uhr, Prenzlauer Berg. Vor dem Tor der Grundschule am Teutoburger Platz zeigt ein Mittzwanziger in gelber Warnweste den Weg. Drinnen, in einem der Klassenzimmer, befindet sich Wahllokal 815. An den Wänden hängen Kinderzeichnungen, vier Tische sind im Halbkreis aufgestellt, Pappkartons als Sichtschutz, zwei Urnen für die Stimmzettel. In weniger als fünf Minuten ist alles erledigt. Es wirkt alles so, als könnte in Berlin doch noch normal gewählt werden.
Am 26. September 2021 standen genau vor dieser Grundschule im Bezirk Prenzlauer Berg stundenlang Menschen an, um ihr demokratisches Grundrecht auszuüben. Das Wahllokal schloss um 20.56 Uhr – fast drei Stunden nach dem offiziellen Wahlschluss. So spät wie nirgends sonst in der deutschen Hauptstadt. Der Rest ist bekannt: Wegen der vielen Pannen musste in Berlin am Sonntag zum ersten Mal in der deutschen Geschichte eine Landtagswahl zur Gänze wiederholt werden. „Ich hoffe, das war es jetzt endlich“, sagt eine Mittdreißigerin in weißen Sneakern und schwarzen Leggings, die gerade in der Schule gewählt hat. Bis zu 39 Millionen Euro dürfte die Wahlwiederholung kosten.