Slowenien: FPÖ-Jugend Kärnten habe Staatsvertrag verletzt

Die Freiheitliche Jugend Kärnten hat ein slowenenfeindliches Posting veröffentlicht. Das verstoße gegen eine Verbotsbestimmung des Österreichischen Staatsvertrags, argumentiert Slowenien.

Slowenien hat Österreich zu einem Verbotsverfahren gegen die Freiheitliche Jugend Kärnten aufgerufen, nachdem diese ein slowenenfeindliches Posting veröffentlicht hat. Dies geht aus einer Verbalnote Sloweniens an das Wiener Außenamt hervor, die der APA vorliegt. Konkret beruft sich das Nachbarland auf eine Verbotsbestimmung des Österreichischen Staatsvertrags. Nach Publikwerden ruderte das Außenamt jedoch zurück und betonte gegenüber der APA, kein Verbot gefordert zu haben.

Das Posting sei eine "eklatante Verletzung" des Vertrags, der die Minderheitenrechte schützt, heißt es in der am Donnerstag von der slowenischen Botschaft in Wien übermittelten Note. Österreich solle "sofort mit allen erforderlichen Schritten entsprechend Artikel 7 Absatz 5 des Staatsvertrags beginnen". Der betreffende Absatz sieht vor, dass "die Tätigkeit von Organisationen, die darauf abzielen, der kroatischen oder slowenischen Bevölkerung ihre Eigenschaft und ihre Rechte als Minderheit zu nehmen (...) zu verbieten" sei.

Rechte der slowenischen Volksgruppe ist festgeschrieben

Mit dem Staatsvertrag hatten die Siegermächte des Zweiten Weltkriegs Österreich im Jahr 1955bekanntlich in die Unabhängigkeit entlassen, ihm aber auch eine Reihe von Verpflichtungen auflegt, etwa zum Schutz der Rechte der slowenischen und kroatischen Volksgruppe.

Das slowenische Außenministerium versuchte am Sonntag jedoch dem Eindruck entgegenzutreten, dass es ein Verbot der Freiheitlichen Jugend Kärnten gefordert habe. "Slowenien hat in der Verbalnote, in der es die Veröffentlichung slowenenfeindlichen Inhalts in sozialen Medien verurteilt hat, nicht zum Verbot irgendeiner politischen Partei aufgerufen", hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme. "Slowenien hat aber dazu aufgerufen, Artikel 7 des österreichischen Staatsvertrags zur Geltung zu bringen, der für Österreich verbindlich ist", teilte ein Sprecher mit. "Von den österreichischen Behörden erwarten wir, dass sie sich angemessen der Tätigkeit von Organisationen widmen werden, deren Ziel es ist, der slowenischen Bevölkerung in Kärnten ihre Daseinsberechtigung oder ihre Minderheitenrechte zu nehmen." Auch begrüße man die "scharfe Reaktion" der österreichischen Behörden auf das Posting.

Staatsanwalt prüft wegen Verhetzung

Aus dem Wiener Außenamt war am Sonntag nicht zu erfahren, wie Österreich zum Vorschlag Sloweniens zur Verbotsbestimmung im Staatsvertrag steht. Eine Sprecherin des Außenamts verwies auf  "die Prüfung der Staatsanwaltschaft zum Anfangsverdacht der Verhetzung" im Zusammenhang mit dem Posting. "Wir halten nochmals ausdrücklich fest, dass wir jeglichen Missbrauch des Themas im Kärntner Wahlkampf als inakzeptabel ansehen", hieß es in der Stellungnahme, in dem auch die verfassungsrechtliche Absicherung der Volksgruppenrechte bekräftigt wurde. "Österreich wird sich entschlossen auch weiterhin für die Rechte und Belange der Volksgruppen einsetzen."

Die Freiheitliche Jugend Kärnten hatte in sozialen Medien dazu aufgerufen, bei der Kärntner Landtagswahl am 5. März die SPÖ von Landeshauptmann Peter Kaiser abzuwählen, um die "Slowenisierung" Kärntens zu stoppen. "Der Aufruf, eine bestimmte Partei nicht zu wählen und dadurch die Rechte der slowenischen Minderheit zu verringern ist (...) eine unmittelbare Verletzung von Artikel 7 Absatz 5 des Staatsvertrags", betonte das slowenische Außenministerium in der Verbalnote. Zudem werde eine "Slowenisierung" Kärntens behauptet, "wenn das Gegenteil der Fall ist", hieß es unter Verweis auf die infolge jahrzehntelanger Assimilierungsprozesse geschrumpfte Volksgruppe weiter. Zugleich wird beklagt, dass die im Staatsvertrag festgelegten Volksgruppenrechte "auch 68 Jahre nach seiner Unterzeichnung noch nicht in vollem Umfang erfüllt sind".

Slowenien erwartet Schritte zum Schutz der Volksgruppe

Die Übermittlung der Verbalnote war vom slowenischen Außenministerium am Donnerstag bekanntgegeben worden, ihr Wortlaut wurde aber nicht offengelegt. In der offiziellen Mitteilung hieß es lediglich, Slowenien erwarte, "dass die Landes- und Bundesbehörden die entsprechenden Schritte zum Schutz der verfassungsmäßigen Rechte der slowenischen Volksgruppe in Kärnten einleiten werden". Zudem wurde mitgeteilt, dass die österreichische Botschafterin in Ljubljana, Elisabeth Ellison-Kramer, wegen des Vorfalls ins Außenamt in Ljubljana zitiert werde.

Nach Bekanntwerden des diplomatischen Protests wurden die FJ-Postings umgehend vom Außenministerium und dem für Volksgruppen zuständigen Kanzleramt verurteilt. Die Postings würden "in keinster Weise die offizielle Position Österreichs wiedergeben", hieß es vom Außenministerium. "Der Angriff auf die slowenische Volksgruppe in Kärnten, die ein zentraler Bestandteil Kärntens und Österreichs ist, wird entschieden verurteilt", teilte eine Sprecherin von Kanzleramtsministerin Susanne Raab (ÖVP) mit.

Vertreter der Kärntner Slowenen sprachen von "Hetze", und infolge einer Anzeige prüft die Staatsanwaltschaft mögliche strafrechtliche Schritte. FPÖ-Landeschef Erwin Angerer rüffelte die Veröffentlichung ohne inhaltlich auf Distanz zu gehen. Die Kritik an der "Slowenisierung" richte sich nicht gegen die Kärntner Slowenen, sondern gegen den Landeshauptmann, meinte er. FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker betonte, "keine Freude" mit dem Posting zu haben. Es gebe zwar "berechtigte Ängste" vor dem Hintergrund, dass weitere Bezirksgerichte zweisprachig werden sollen. "Nichtsdestotrotz ist dieses Posting aber nicht unbedingt eine Visitenkarte."

Auch Ex-LH Dörfler verurteilt Posting

Während Landeshauptmann Kaiser die Aussagen der blauen Parteijugend "auf das Allerschärfste" verurteilte, fand auch sein Vorgänger Gerhard Dörfler (FPÖ/BZÖ) klare Worte. "Das ist kein Ausrutscher. So ein Gedankengut hat in einer Partei nichts verloren. Weder bei den Jungen noch bei den Alten", sagte er dem "Kurier". Dagegen beanspruchte die von Ex-BZÖ-Politikern getragene Partei BFK, die bei der Landtagswahl auf den Einzug in den Landtag hofft, in einer Aussendung die eigentliche Urheberschaft der "Slowenisierungs"-Warnung für sich, um dann gleich den Bogen zu vermeintlichen "slowenischen Greueltaten (sic)" zu spannen. Dies brachte der Partei umgehend eine Strafanzeige seitens des Slowenenvertreters, Lokalpolitikers und NS-Opfernachkommen Bernhard Sadovnik ein.

(APA)

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