EU-Rechnungshof: Geschönte Berichte, politische Besetzung?

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Ein scheidender RH-Beamter fährt mit schweren Geschützen auf, spricht von „Sabotage“ und „Betrug“. In Wien wird die Entsendung eines „ÖVP-Parteisoldaten“ kritisiert.

Luxemburg/Wien. Rechnungshof-Beamte gelten hierzulande als sakrosankt. Ihr Ruf ist tadellos, ihre Berichte sind gefürchtet. Beim Europäischen Rechnungshof (EU-RH) ist das anders – zumindest nach den Worten seines früheren Mitglieds Maarten Engwirda.

Der Niederländer, seit 1. Jänner in Pension, kritisierte im Interview mit der Zeitung „Volkskrant“ eine „Kultur des Verschweigens“, die während der 15 Jahre seiner Dienstzeit in Luxemburg geherrscht habe. Vor allem die Vertreter Frankreichs und Italiens hätten negative Berichte über ihre Heimatländer zu beschönigen oder gänzlich zu unterdrücken versucht. Engwirda sprach von „Sabotage“ und „Betrug“. Ein Besuch beim britischen Rechnungshof habe ihm die Augen dafür geöffnet, wie wichtig es sei, Kontrollore extern zu kontrollieren. Jahrelang kämpfte er darum, dass sich der EU-RH von nationalen Höfen prüfen lassen muss – und bekam vom zuständigen EU-Kommissar Siim Kallas (heute Verkehrskommissar) Prügel zwischen die Beine geworfen. Engwirda setzte sich trotzdem durch; 2008 habe sich einiges gebessert, sagte er zum „Volkskrant“.

Die ehemaligen Kollegen sind trotzdem sauer. Am Donnerstag reagierte der sonst eher öffentlichkeitsscheue EU-RH eigens mit einer Presseerklärung: „Alle Mitglieder erfüllen ihre Pflichten unabhängig, wie im Vertrag vorgesehen. Herr Engwirda trägt die volle Verantwortung für die von ihm geäußerten Ansichten, die der Hof für unbegründet hält.“ Der Budgetkontrollausschuss im Europaparlament sieht das anders. Er hat Engwirda in eine seiner nächsten Sitzungen eingeladen.

Der Luxemburger Hof mit rund 880 Mitarbeitern prüft alle Unionsorgane und alle Stellen, die EU-Förderungen erhalten. Die Führung wird von den nationalen Regierungen bestimmt; jedes Land schickt einen Vertreter für mindestens sechs Jahre. Österreich wurde bisher von Hubert Weber vertreten. Er zieht sich nun vorzeitig zurück, eigentlich wäre er bis Ende 2013 bestellt. Sein Nachfolger ist Harald Wögerbauer, bisher politischer Direktor im ÖVP-Parlamentsklub. Hinter vorgehaltener Hand wird davon gesprochen, dass Wögerbauer schon lange weggelobt werden sollte. Jetzt fand sich der geeignete Job für den 57-Jährigen. Schließlich ist er in den 1970er-Jahren fünf Jahre beim Rechnungshof in Wien gewesen, ehe er für den VP-Klub karenziert wurde.

Pilz kritisiert „Parteisoldaten“

Der Grüne Peter Pilz empört sich im „Presse“-Gespräch darüber, dass Wögerbauer, der sich schon als Vorsitzender des Datenschutzrates als „Parteisoldat“ erwiesen habe, in Luxemburg samt Zulagen auf rund 23.000 Euro monatlich komme: mehr als der Bundeskanzler. „Allein als Wohnungszulage gibt es 2500 Euro. Und das wurde am selben Tag im Hauptausschuss des Parlaments beschlossen wie im Plenum das Sparbudget“, ärgert sich Pilz. Die SPÖ interessiere sich nur für den ORF. „Auf der Parteibuchliste steht beim EU-RH von Anfang an ÖVP“, sagte Pilz.

Insider erklären sich das aber auch damit, dass im heimischen Rechnungshof kaum SPÖ-Vertreter sitzen, sondern hauptsächlich Schwarze, Blaue und Parteilose.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.01.2011)

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