Randerscheinung

Unverkleidet und krapfenfrei

Carolina Frank
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Die allgemeine Begeisterung für den Fasching habe ich noch nie ganz verstanden. Mag daran liegen, dass sich mir die Sache mit dem Verkleiden nicht wirklich erschließt.

Schon als Kind fand ich die Kostüme und ihr Zubehör (Schwerter, Zauberstäbe, Pfeil und Bogen) nur hinderlich beim Fußballspielen (jedes Treffen mit meinen Freunden hat nämlich unabhängig vom Anlass in kürzester Zeit zu einem intensiven Fußballmatch geführt). Die Schminke hat, sobald man geschwitzt hat, gejuckt und ist bald überall verschmiert ­gewesen. Die Jacken, Hüte und Masken waren sowieso zu heiß. Und haben nur beim Essen gestört.

Als Erwachsener ist das bei den wenigen Bällen, die ich jemals besucht habe, so weitergegangen (nein, ich habe dort nicht Fußball gespielt, mich aber immer verkleidet gefühlt, so „aufgebrezelt“). Hätte ich überhaupt tanzen mögen, in diesem Aufzug jedenfalls nicht. Und auch einzelnen Aspekten des Faschings kann ich kaum etwas Positives abgewinnen. Wie dieser Ausgelassenheit auf Knopfdruck. Ich hätte es vorgezogen, wenn alle einfach übers Jahr verteilt im Schnitt besser aufgelegt wären. Obwohl ich zugeben muss: Einmal im Jahr ist natürlich besser als überhaupt nicht.

Papierschlangen und Luftballons mag ich schon. Faschingskrapfen dafür überhaupt nicht. Sie sind unraffiniert, mit drei bis vier Bissen aufgegessen und haben insgesamt zu wenig Marmelade, davon aber immer an der einen Stelle zu viel. Nach zweieinhalb Stunden Schneeschaufeln wäre ein Krapfen vertretbar; sonst, im Büroalltag, fühlt er sich an wie die Wackersteine, die die Mutter der sieben Geißlein dem Wolf in den Bauch genäht hat. Ich fiebere also schon jetzt dem Aschermittwoch und dem Beginn der Fastenzeit entgegen. Ganz unverkleidet und krapfenfrei.

("Die Presse Schaufenster" vom 10.02.23)

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